Victoria
Vorstellung vom
- Regie: Justine Triet
- FR 2016
- 96 Minuten
Victoria
Victoria ist eine brillante Rechtsanwältin und hat ihre Karriere fest im Griff. Aber so strukturiert sie arbeitet, so chaotisch ist ihr Privatleben als alleinerziehende Mutter. An einer Hochzeitsparty begegnet Victoria ihrem Ex-Freund Vincent, der am Tag darauf des versuchten Mordes angeklagt wird. Widerwillig sagt sie zu, Vincent gegen die wilden Anschuldigungen seiner durchgeknallten Ex zu verteidigen. Den chaotischen Sam, der ihr noch einen Gefallen schuldet, stellt sie kurzerhand als Babysitter ein.
Werkangaben
- Regie
- Justine Triet
- Drehbuch
- Justine Triet
- Produktion
- Emmanuel Chaumet
- Kamera
- Simon Beaufils
- Schnitt
- Laurent Sénéchal
- Musik
- n/a
- Besetzung
- Virginie Efira (Victoria Spick), Vincent Lacoste (Sam), Melvil Poupaud (Vincent), Laurent Poitrenaux (David), Laure Calamy (Christelle), Sophie Fillières (Sophie), Alice Daquet (Eve)
- Land, Jahr
- FR 2016
- Dauer
- 96 Minuten
- Verleih
- Frenetic Films
- Altersempfehlung
- 12
Zitat
[E]in Autorenfilm, der sich bei Woody Allen, John Cassavetes und François Truffaut bedient und die Thematik von Justine Triets erstem Langfilm fortsetzt: eine labile Frauenfigur im Kampf gegen das Chaos, in das sie und die Männer um sie herum ihr Leben verwandeln.
Philipp StadelmaierFilmbulletin, 2.5.2017
Kommentare
Schon im ersten Bild liegt Victoria auf der Couch ihres Therapeuten. Sie fühlt sich bewogen, ihm zu gestehen, dass sie neben ihm auch eine Wahrsagerin konsultiert. Es gehört zur Haltung, mit der Justine Triets zweiter Spielfilm daherkommt, dass das weder richtig bitter noch komisch ist, und doch irgendwie beides. Victoria ist ein Film zwischen allen Stühlen, was ihn sehr sympathisch macht [...]. Denn von der Story her sowohl romantische Komödie als auch Arbeitsplatzdrama, liegt die besonnene Zuspitzung im Porträt der Titelheldin. [...]
Die Inszenierung zu qualifizieren, ohne sie mit einem manchmal abwertend belegten Begriff wie routiniert zu beschreiben, fällt schwer. Für eine Regisseurin aber, die hier erst ihren zweiten Spielfilm vorlegt, wirkt Victoria beachtlich geschliffen und konzis. Mit Energie und ambivalenter Zärtlichkeit füllen das vor allem die beiden Hauptdarsteller Virginie Efira und Vincent Lacoste. Efira hat zwischen Sinnlichkeit, Promiskuität, Verletzlichkeit, Stärke und Mütterlichkeit ein grosses Spektrum zu bedienen. Es sind nur kleine Veränderungen in ihrem Auftreten, ihrem Blick und ihrer Haltung, die grosse Wirkung auf der Kinoleinwand zeigen, ohne dass dafür das Schauspiel als Arbeit in den Vordergrund träte – bis zu dem Moment des grossen Showdowns vor Gericht, bei dem es Efira auch noch gelingt, dem körperlich angeschlagenen Zustand ihrer Figur bemerkenswert subtile Töne abzutrotzen. Lacoste dagegen übt sich den gesamten Film über in einer schlichten, sanften Gegenwart ohne grosse Akzente. Beides fügt sich ziemlich ideal in diesen Film mit den vielen kuriosen Erzählsträngen.
Frédéric JaegerCritic.de, 12.5.2016
Kommentare
War aber die Politik noch der indifferente Hintergrund und damit die Schwäche von La bataille de Solférino, so ist diese aus ihrem sehr gelungenen zweiten Langfilm verschwunden. Triet braucht keine äusseren politischen Ereignisse mehr, um das Chaos im Leben der alleinerziehenden Mutter und ihre Depression zu konkretisieren – nur ein Geflecht aus Beziehungen und Kämpfen. Victoria verteidigt einen Exfreund gegen einen Vergewaltigungsvorwurf, klagt gegen ihren Exmann, der ihr früheres Leben auf einem Blog ausbreitet, und beginnt eine Romanze mit einem ehemaligen Klienten, einem Dealer, der ihr Babysitter und Assistent wird. Zwischen Komik und Verzweiflung, Romanze und Gerichtsfilm, Lust- und Destruktionstrieb erinnert das wohlorganisierte Lebenschaos an die Kunst des Ausgleichs zwischen Extremen in Truffauts Filmen oder an die Kunst des Schlagabtauschs bei David O. Russell: Virginie Efira spielt wie Jennifer Lawrence in Joy eine Frau, die ein Leben führt wie eine Boxerin; ein Leben, in dem Erfolge und einbrechende Katastrophen wechseln wie Schläge, die mal ausgeteilt, mal eingesteckt werden – am Ende ist Victoria in zwei Prozessen gleichzeitig, im einen als Verteidigerin, im anderen als Opfer.
Kein Film muss politisch sein. Aber jeder ist es immer doch ein bisschen. Fürs Arthouse-Kino ist es daher oft besser, gar nicht erst so zu tun.
Philipp StadelmaierFilmbulletin, 2.5.2017
Filmografie
- 2007
- Sur place (Kf/cm)
- 2008
- Solférino (doc)
- 2010
- Des ombres dans la maison (doc)
- 2011
- Vilaine Fille, mauvais garçon (Kf/cm)
- 2013
- La Bataille de Solférino
- 2016
- Victoria
- 2019
- Sibyl
- 2023
- Anatomie d'une chute
Auszeichnungen
- 2016
- Cannes Film Festival: Palm Dog (Jacques)
- 2017
- Magritte Awards: Meilleure actrice (Virginie Efira)
- 2017
- Trophées du Film français: Duo Cinéma (Justine Triet & Emmanuel Chaumet)