Tiger Stripes
Vorstellung vom
- Regie: Amanda Nell Eu
- MY/TW/SG/FR/DE/NL/ID/QA 2023
- 95 Minuten
Tiger Stripes
Die 12-jährige Zaffan lebt in einer ländlichen Gemeinde in Malaysia. Mit beginnender Pubertät merkt sie, dass sich ihr Körper in beunruhigender Geschwindigkeit verändert: Pickel, Schmerzen, dann die erste Menstruation. Ihre Freundinnen wenden sich von ihr ab, gleichzeitig scheinen in der Schule mysteriöse Kräfte zu wirken. Wie ein Tiger, der aus seinem Lebensraum verdrängt wird, beschliesst Zaffan, ihre wahre Natur zu enthüllen.
Werkangaben
- Regie
- Amanda Nell Eu
- Drehbuch
- Amanda Nell Eu
- Produktion
- Foo Fei Ling, Patrick Mao Huang, Fran Borgia, Juliette Lepoutre, Pierre Menahem, Jonas Weydemann, Ellen Havenith, Yulia Evina Bhara
- Kamera
- Jimmy Gimferrer
- Schnitt
- Carlo Francisco Manatad
- Musik
- Gabber Modus Operandi
- Besetzung
- Zafreen Zairizal (Zaffan), Piqa (Mariam), Deena Ezral (Farah), Shaheizy Sam (Dr. Rahim), Jun Lojong (Zaffans Mutter/La mère), Khairunazwan Rodzy (Zaffans Vater/Le père), Fatimah Abu Bakar (Schulleiterin/La directrice)
- Land, Jahr
- MY/TW/SG/FR/DE/NL/ID/QA 2023
- Dauer
- 95 Minuten
- Verleih
- Trigon-Film
- Altersempfehlung
- 13
Zitat
Der Erstling von Amanda Nell Eu spielt mit Horrorelementen, bleibt aber in der realen Welt – als wuchtige Studie von Repression, Hysterie und Selbstentdeckung.
Pascal BlumTagesanzeiger, 23.11.2023
Kommentare
Amanda Nell Eus Langfilmdebüt vereint Coming-of-Age-Motive mit Body-Horror und malaysischer Folklore. Inspiriert von Body-Horror-Urgestein David Cronenberg, sind Transformationen des Körpers auch hier der formästhetische Versuch, durch Übernatürliches sehr reale Konflikte zu bearbeiten. Die Pubertät wird kurzerhand zum Monster in ihr. Den Übergang zur Adoleszenz sah auch Julia Ducournau in ihrem Film Raw als etwas Monströses. [...] Tiger Stripes geht aber noch einen Schritt weiter und beleuchtet die Erfahrung der Pubertät in einem Land, in dem religiöse Gesetze die freie Entfaltung stark einschränken. [...]
Das übernatürliche Element eines Dämons ist Vehikel für den Ausbruch und die Selbstbehauptung in einer Gesellschaft, in der Frauen kein Raum gegeben wird, sich frei zu entfalten. Für die junge Zaffan gibt es kein Ventil in ihrer unfreiwilligen Gefangenschaft, in der das soziale Umfeld die Gitterstangen ihres Käfigs bildet.
So setzt sich Tiger Stripes nicht nur, wie Amanda Nell Eu in einem Interview sagt, mit der Pubertät – den vermeintlich unheimlichen Veränderungen des Körpers – auseinander. Die Lebensrealitäten von Frauen in einem muslimischen Land wie Malaysia werden hier ebenfalls sichtbar. Ein Staat, in dem Sexualität, vor allem weibliche, per Gesetz in das Private verdrängt wird, begünstigt die Unterdrückung von Frauen massgeblich. Interessant hierbei ist, dass die malaysische Zensur Tiger Stripes offenbar gewähren liess, obwohl Religion und die Art der Religionsausübung in Malaysia ein empfindliches Thema sind. Malaysische Zeitungen berichten emphatisch vom internationalen Erfolg, ohne dass die durchaus kritische Analyse der Unfreiheit von Frauen angemerkt wird. Amanda Nell Eu scheint es also mit ihrem Debüt gelungen zu sein, ein grosses Publikum zu erreichen und sich gleichzeitig der Zensurbehörde zu entziehen.
Felix ArmbrusterKino-Zeit.de, 09.05.2023
Kommentare
Wie die vorherigen Kurzfilme Nell Eus dreht sich Tiger Stripes um Themen wie Feminismus und weibliche Monster. Sie sei regelrecht besessen davon, sagt die Regisseurin: «Mythen und Volksmärchen bleiben in Malaysia nie ganz in der Welt der Geschichten; die Monster, Geister und Gespenster sind sehr real und begleiten unseren Alltag mit einem gewissen Aberglauben.» Zu ihren frühen Einflüssen zählt sie den kanadischen Filmemacher David Cronenberg und den Japaner Shinya Tsukamoto. Auch Julia Ducournaus kannibalistisches Body-Horror-Werk Raw (2019) kann einem in den Sinn kommen. Amanda Nell Eu hebt sich vom Genre jedoch ab, indem sie Realismus und Folklore nahtlos verschmelzen lässt und sich auch nicht davor scheut, TikTok-Schnipsel einzustreuen. [...]
Amanda Nell Eu denkt nicht daran, den Stoff rund um die Tabuisierung des weiblichen Körpers, insbesondere der Menstruation und der damit einhergehenden Stigmatisierung von Frauen, mit Samthandschuhen anzufassen. Sie schickt das Publikum gleich mit in den komplexen Gefühlscocktail – menstruierenden Menschen nur zu vertraut – an dem ihre Protagonistin mal fröhlich nippt, sich dann wieder fast verschluckt. Punk eben.
Kathrin Kocher & Florence MichelTrigon Magazin, 16.11.2023
Filmografie
- 2012
- Pasak (Kf/cm)
- 2015
- Seesaw (Kf/cm)
- 2017
- It’s Easier to Raise Cattle (Kf/cm)
- 2018
- Vinegar Baths (Kf/cm)
- 2023
- Tiger Stripes
Auszeichnungen
- 2023
- Cannes Film Festival: Grand prix de la Semaine de la critique
- 2023
- NIFFF – Neuchâtel International Fantastic Film Festival: Narcisse du Meilleur Film
- 2024
- Sun Valley Film Festival, US: Best Narrative Feature Film