Visages villages

Vorstellung vom
  • Regie: Agnès Varda
  • FR 2017
  • 89 Minuten
Agnes Varda et JR devant le collage de la chevre avec des cornes VISAGES VILLAGES c Agnes Varda JR Cine Tamaris Social Animals 2016 Schliessen

Visages villages

Die 89-jährige Nouvelle-Vague-Legende und Regie-Ikone Agnès Varda hat sich für ihr neues Projekt mit dem 33-jährigen Fotografen und Street-Art-Künstler JR zusammengetan. Unterwegs mit ihrem Fotomobil entdecken die beiden Frankreich von der Provence bis zur Normandie. Und sie hinterlassen auch Spuren: Agnès Varda und JR treffen auf verschiedenste Menschen – einen Briefträger, einen Fabrikarbeiter oder die letzte Bewohnerin eines Strassenzugs im ehemaligen Bergbaugebiet –, und ihnen widmen sie ihre Kunst. Sie fangen Blicke und Gesichter auf überlebensgrossen Fotografien ein und integrieren sie auf bemerkenswerte Weise in die Umgebung.

LG

Werkangaben

Regie
Agnès Varda
Drehbuch
Agnès Varda
Produktion
Agnès Varda, JR, Rosalie Varda
Kamera
Romain Le Bonniec, Claire Duguet, Nicolas Guicheteau, Valentin Vignet, Raphaël Minnesota
Schnitt
Maxime Pozzi Garcia
Musik
Matthieu Chedid
Besetzung
Agnès Varda, JR
Land, Jahr
FR 2017
Dauer
89 Minuten
Verleih
Filmcoopi

Begründung / Zitat

«Ein Juwel von einem Film – voller Herz und Poesie. Das Werk inspiriert und fordert, es bringt einen zum Lachen, und hin und wieder rührt es einen gar zu ein paar schönen Tränen.»

Sonja Wenger
Bieler Tagblatt, 01.06.2018

Kommentare

Man spürt die aus ihren früheren Dokumentarfilmen bekannte Offenheit, mit der Agnès Varda unvoreingenommen auf die Menschen eingeht. Varda bringt sie zum Reden, weil sie sich ernst genommen fühlen. So erzählen sie von sich, ihrer Lebensweise, ihren Problemen und ihrer Weltsicht. JRs gigantische, unübersehbar im öffentlichen Raum platzierte Schwarzweissfotos, die die Porträtierten mit sich selbst in ungewohnter Dimension konfrontieren, tragen zusätzlich dazu bei, dass diese Menschen aus sich herausgehen und das zuvor selbstverständlich Scheinende neu reflektieren. Die Überlebensgrösse, üblicherweise Götterstatuen und Heldendenkmälern, Leinwanddiven und Werbe­botschaften vorbehalten, feiert hier die sogenannt «kleinen» Leute – und als solche verstehen sie sich wohl üblicherweise selbst. Sich plötzlich riesengross zu sehen, gewissermassen vor dem eigenen Denkmal zu stehen, zwingt zum Perspektivenwechsel. Wohl nicht zuletzt deshalb stellt JR gerne die Fotografierten vor ihr eigenes vergrössertes Bildnis, um beide zusammen dann erneut abzulichten.
Durch den abrupten Wechsel des Massstabs schafft JR Distanz, so wie es Agnès Varda mit anderen gestalterischen Mitteln jeweils in ihren Filmen getan hat. Das – zeitweilige – Hineinkleben des soeben eingefangenen künstlerischen Abbilds (aber auch älterer Fotoarbeiten von Varda) in die reale Umgebung provoziert zudem die Frage nach der Funktion der Kunst in unserem Leben. Die Antwort ist hier ganz elementar: Sie zwingt uns, das Vertraute neu zu sehen und uns neu damit auseinanderzusetzen. Durch eine dieser Installationen anfänglich eher irritiert, meint ein Fabrikarbeiter: «L’art c’est fait pour surprendre.»

Martin Girod
Filmbulletin, 3/2018

Visages villages ist ein berührender Dokumentarfilm der seltenen Art, denn man nimmt nicht nur Teil an einem kreativen Prozess, sondern erlebt auch eine emotionale Reise zweier Menschen, die an sehr unterschiedlichen Punkten in ihrem Leben stehen. Was die beiden dabei verbindet, ist ein untrüglicher Riecher für Bilder und Geschichten, eine unersättliche Neugierde und ein schrulliges, aber äusserst sympathisches Wesen.
Auf ihrer Reise suchen Agnès Varda und JR aber nicht nur Spuren, sie hinterlassen auch welche. So gelingt es dem Duo, in jeder Situation immer noch einen alternativen, oft überraschenden Aspekt zu finden. Bestes Beispiel hierfür ist eine Episode, bei der die beiden drei Dockarbeiter im Hafen von Le Havre treffen, die immer wieder für bessere Arbeitsbedingungen streiken. Doch statt einfach die Männer zu porträtieren, ist Varda mehr an den Geschichten von deren Ehefrauen interessiert. Kurzerhand ändert sie das Projekt und löst damit durchaus kontroverse Diskussionen aus. […]
Dass sie bei ihrer Arbeit hin und wieder kritische Fragen auslösen, gehört natürlich zum Konzept. Sie sei zwar schön, diese Kunst, doch wozu genau ihre Aktionen denn gut sein sollen, wird Varda an einem Punkt im Film von einem Passanten gefragt. «Für die Macht der Vorstellungskraft», antwortet sie nach kurzem Nachdenken. «Wir nehmen uns die Freiheit, uns etwas vorzustellen und fragen dann andere Menschen, ob sie dabei mitmachen.» Nicht mehr. Nicht weniger. Doch der Mann ist überzeugt.

Sonja Wenger
Bieler Tagblatt, 01.06.2018

Auszeichnungen (Auswahl)

2017
Cannes Film Festival: Prix de L'Œil d’or
2017
Vancouver Film Festival: Most Popular International Documentary Film
2018
National Society of Film Critics Awards: Best Non Fiction Film
2018
Oscars: Nominated for Best Documentary Feature

Filmografie (Auswahl)

1955
La Pointe courte
1962
Cléo de 5 à 7
1985
Sans toit ni loi
1991
Jacquot de Nantes
2000
Les Glaneurs et la Glaneuse
2008
Les Plages d’Agnès
2017
Visages villages

Messages dans l’air

Vorprogramm
  • Regie: Isabelle Favez
  • CH/FR 2015
  • 6 Minuten
zum Hauptfilm

Messages dans l’air

In einer kleinen Stadt lebt eine junge Frau allein mit ihrer Katze. Die beiden könnten nicht unterschiedlicher sein: Während die Frau für alle nur das Beste will, jagt und tötet die Katze alles, was ihr über den Weg läuft.