Portrait de la jeune fille en feu
- Regie: Céline Sciamma
- FR 2019
- 119 Minuten
Portrait de la jeune fille en feu
Ein ungewöhnlicher Auftrag führt die Pariser Malerin Marianne im Jahr 1770 auf eine einsame Insel an der Küste der Bretagne: Sie soll heimlich ein Gemälde von Héloïse anfertigen, die gerade eine Klosterschule für junge adelige Frauen verlassen hat und bald verheiratet werden soll. Denn Héloïse weigert sich, Modell zu sitzen, um gegen die von ihrer Mutter arrangierte Ehe zu protestieren. So beobachtet Marianne Héloïse während ihrer Spaziergänge an die Küste und malt abends aus dem Gedächtnis heraus ihr Porträt. Langsam wächst zwischen den eindringlichen Blicken eine unwiderstehliche Anziehungskraft…
DSWerkangaben
- Regie
- Céline Sciamma
- Drehbuch
- Céline Sciamma
- Produktion
- Bénédicte Couvreur
- Kamera
- Claire Mathon
- Schnitt
- Julien Lacheray
- Musik
- Jean-Baptiste de Laubier, Arthur Simonini
- Besetzung
- Noémie Merlant (Marianne), Adèle Haenel (Héloïse), Luána Bajrami (Sophie), Valeria Golino (La comtesse)
- Land, Jahr
- FR 2019
- Dauer
- 119 Minuten
- Verleih
- Cineworx
Begründung / Zitat
Ein atemberaubend schönes Kunstwerk – philosophisch und mythologisch aufgeladen und von einer emotionalen Dringlichkeit, die ihresgleichen sucht.
Bieler Tagblatt, 19.10.2019
Kommentare
Was folgt, ist eine der schönsten Darstellungen weiblicher Kameradschaft, in die Sciamma Erfahrungen, Traditionen und Rituale packt, die so im Kino nie zu sehen sind, geschweige denn in einem Film, der im 18. Jahrhundert spielt. […]
Dies ist ein Film, der wie viele andere sogenannte «Frauenfilme» von tiefster Menschlichkeit berichtet. Ja, die Erfahrungen, von denen er spricht und die er zeigt, werden aus weiblicher Perspektive erzählt und genau das macht den Film für jede Art von Publikum relevant. Nicht nur, um einander zu verstehen, sondern auch um zu begreifen, woher die Geschlechtergräben kommen und wie tief sie sich ziehen. «Schau her» lässt Sciamma ihre Protagonistinnen immer wieder sagen, die mutig mit offenen Augen Zeuginnen für diese zutiefst relevanten Erfahrungen sind, nur eben aus anderer Sicht […]
All dies tut sie noch dazu in brillanter Formvollendung. Von Kostümbild und Ausstattung, die mit ihrer Genauigkeit und malerischen Komposition das Jahrhundert bis ins kleinste Detail einfangen, über die präzisen, stets mehrere Ebenen transportierende Dialogen bis hin zu den tiefen geheimnisvollen und tief die Seele treffenden Blicken trifft Sciamma in jedem Aspekt ihres Filmes genau den richtigen Ton, das richtige Bild, das richtige Wort. Selten kommen Komposition, Inhalt und Ästhetik in solcher Verbundenheit zusammen. Und genau dieses Zusammenspiel erlaubt ihr ein ausgeklügeltes Spiel mit dem Herz eines jeden Zuschauers, der sich darauf einlässt, die Liebe und die Einsamkeit der beiden Frauen zu spüren. Es ist, als würde einem das Herz mit einer Hand umschlossen, die es ganz langsam, aber stetig umklammert und zerquetscht. Eine hochlodernde Liebe, die man aus freien Stücken eingeht, ganz so wie Héloise und Marianne, wissend, dass sie in bittersüssem Schmerz enden wird.
Kino-Zeit.de
Bezeichnenderweise zeigen sich sowohl vor als auch hinter der Kamera fast ausschliesslich Frauen für den Film verantwortlich. Wenn gegen Ende des Filmes der erste Mann ins Bild gerückt wird, kommt das nicht nur für die Protagonistinnen einem kleinen Schock gleich. Nicht zufällig kündigt er das Ende der selbstgenügsamen Gemeinschaft an, die den Mann, insbesondere auch dessen Blick, so wirklich überhaupt nicht benötigt. So fallen während der kurzen Zeit weiblicher Dreisamkeit nicht nur die patriarchalen, sondern auch sämtliche übrigen hierarchischen Schemata von der Gruppe ab. Nicht zuletzt jenes des Blicks im klischeebehafteten Verhältnis zwischen Künstler und Modell. «Wenn du mich beobachtest, wen glaubst du, beobachte ich dann?», fragt Héloïse Marianne einmal provokant, während diese sie malt.
Auch ein Film schaut auf seinen Betrachter zurück. Sein Blick kann stechend sein, anklagend gar. Wenn er einen aber auf so wunderschöne und gleichzeitig intelligente Weise herausfordert, tut man gut daran, sich ihm zu ergeben.
Bieler Tagblatt, 19.10.2019
Auszeichnungen (Auswahl)
- 2019
- Cannes Film Festival: Best Screenplay, Queer Palm
- 2019
- European Film Awards: Best Screenplay
- 2020
- César du cinéma: Meilleure photographie (Claire Mathon), + 9 nominations
Filmografie
- 2007
- Naissance des pieuvres
- 2011
- Tomboy
- 2014
- Bande de filles
- 2019
- Portrait de la jeune fille en feu