Costa Brava, Lebanon
Vorstellung vom
- Regie: Mounia Akl
- LB/FR/ES/SE/DK/NO/QA 2021
- 106 Minuten
Costa Brava, Lebanon
Walid hat sich mit seiner Frau Souraya, ihren beiden Töchtern und der kranken Mutter aus dem in Müll und Korruption versinkenden Beirut abgesetzt und der Familie in den Hügeln fernab der Hauptstadt ein kleines Paradies geschaffen. Die Familie lebt nun mitten in Olivenhainen, bewirtschaftet ihren Garten und geniesst die Tage. Tala, die 16-jährige Tochter, erlebt erste sexuelle Regungen, während die 9-jährige Schwester Rim imaginäre Feinde erfindet und die lungenkranke Grossmutter Zeina die frische Luft geniesst. Das relative Glück endet an dem Tag, an dem direkt unterhalb des Hauses eine Mülldeponie errichtet wird.
Werkangaben
- Regie
- Mounia Akl
- Drehbuch
- Mounia Akl, Clara Roquet
- Produktion
- Myriam Sassine, Georges Schoucair
- Kamera
- Joe Saade
- Schnitt
- Carlos Marques-Marcet, Cyril Aris
- Musik
- Nathan Larson
- Besetzung
- Nadine Labaki (Souraya), Saleh Bakri (Walid), Nadia Charbel (Tala), Ceana Restom & Geana Restom (Rim), Yumna Marwan (Alia), Liliane Chacar Khoury (Zeina), François Nour (Tarek)
- Land, Jahr
- LB/FR/ES/SE/DK/NO/QA 2021
- Dauer
- 106 Minuten
- Verleih
- Trigon-Film
- Altersempfehlung
- 12
Zitat
Akl [führt] ihre Figuren gekonnt durch ein starkes Drehbuch und damit einen Film, der beweist, dass zumindest der künstlerische Widerstand im Libanon noch nicht gebrochen ist.
Michael KuratliFilmbulletin, 02.02.2022
Kommentare
Die Statue des Präsidenten, die hier ungefragt einbricht, ist nur die erste Ladung giftigen Mülls aus der Hauptstadt, denn bald stapeln sich die Säcke überall um das Haus. Doch toxisch sind nicht nur die Müllsäcke in diesem Kammerspiel, sondern auch die Beziehungen innerhalb der Familie. Walid ist offenbar traumatisiert vom jahrelangen Protest beziehungsweise dessen gewaltsamen Folgen, während Souraya, einst eine gefeierte Sängerin, das Leben unter den Leuten in der Hauptstadt vermisst. Wie Spiegelbilder dieser aufgeladenen Beziehung stehen die lusterfüllte Teenagertochter und die zwangsgestörte kleine Schwester zwischen den Eltern. Alternative Lebensentwürfe verkörpernd umrahmen die Tante, die vor Jahren nach Südamerika ausgewandert ist (und auf deren geerbtem Grundstück die Deponie zu stehen kommt) und die Grossmutter – Sinnbild für das alte, frivole und nicht zuletzt einen Hauch selbstgerechte Libanon – die familiäre Konfliktzone.
Mounia Akl spielt genüsslich mit den Kontrasten zwischen dem Chaos und dieser Idylle, in der man alles vergessen könnte, was das Land erstickt. Doch Costa Brava, Lebanon ist kein Umweltfilm, sondern ein Familiendrama. Oberhalb der Deponie wohnen Walid und Nadine mit ihren zwei Kindern und der kranken Grossmutter. In der Abgeschiedenheit haben sie sich jenseits der von der Explosion gezeichneten, im Müll versinkenden und an der Korruption erstickenden Metropole Beirut ein kleines, selbstversorgtes Paradies errichtet. Hier leckt die Familie ihre Wunden, die der kaputte Staat ihr zugefügt hat. [...]
Als sich der Müll türmt, der Strom ausfällt, die giftigen Schwaden der brennenden Deponie die Familie in ihre vier Wände zwängen und eine kleine Explosion die Familie an das Trauma der Hauptstadt erinnert, wird überdeutlich, dass es auch hier kein Entkommen mehr gibt vom Niedergang der einstigen Perle des fruchtbaren Halbmonds. Die Familie muss sich entscheiden, ob sie an den fremdgemachten Problemen zerbricht oder die Stärke findet, über den Dingen zu stehen und trotz allem die Hoffnung auf einen besseren Libanon wiederfindet.
Michael KuratliFilmbulletin, 02.02.2022
Kommentare
Costa Brava, Lebanon ist eine Parabel auf das hoch korrupte und dysfunktionale Land. Das Spielfilmdebüt von Mounia Akl vermittelt die Ohnmacht des Individuums gegenüber den multiplen Krisen des Libanon. Fast besser noch gelingt es der Regisseurin, die Figuren in ihren Rollen aufgehen zu lassen. Sie findet ein libanesisches Lebensgefühl in der Spannung zwischen traditionellen Familienwerten und Aufbruchsstimmung, zwischen Galgenhumor und Pathos oder auch darin, wie die Heimat gleichzeitig zelebriert und verdammt wird. Heimat bedeutet im Libanon immer auch gemeinschaftliches Essen, Musik, Sinnlichkeit – und nicht zuletzt rauchende, schlagfertige Frauen, die patriarchale Strukturen herausfordern.
Caroline BaurWoz, 03.02.2022
Filmografie
- 2010
- Cheers, to Those Who Stay (Kf/cm)
- 2011
- Anoesis (Kf/cm)
- 2014
- Eva (Kf/cm)
- 2014
- Christine (Kf/cm)
- 2016
- Submarine (Kf/cm)
- 2017
- El Gran Libano (Kf/cm)
- 2021
- Costa Brava, Lebanon
Auszeichnungen
- 2021
- London Film Festival: Audience Award
- 2021
- Toronto International Film Festival: NETPAC Award
- 2021
- Hong Kong Asian Film Festival: Young Jury Award
- 2021
- Seville European Film Festival: Grand Jury Award
- 2021
- El Gouna Film Festival: FIPRESCI Prize, Green Star