Die Theorie von Allem

Vorstellung vom
  • Regie: Timm Kröger
  • DE/AT/CH 2023
  • 118 Minuten
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Die Theorie von Allem

1962. Johannes Leinert reist zu einem physikalischen Kongress in den Schweizer Alpen. Ein iranischer Wissenschaftler soll hier einen bahnbrechenden Vortrag zur Quantenmechanik halten. Doch der Redner, von dem nichts weniger als eine Theorie von Allem erwartet wird, verspätet sich und die feine Gesellschaft fristet die Zwischenzeit mit geistreichen Dinnerpartys und eleganten Ski-Ausflügen. Eine geheimnisvolle Pianistin zieht Johannes in ihren Bann, doch etwas stimmt nicht mit ihr. Während bizarre Wolkenformation am Himmel auftreten, verschwindet sie spurlos und Johannes gerät auf die Spur eines Geheimnisses, das tief unter dem Berg Wurzeln geschlagen hat.

Werkangaben

Regie
Timm Kröger
Drehbuch
Timm Kröger,Roderick Warich
Produktion
Heino Deckert,Tina Börner,Viktoria Stolpe
Kamera
Roland Stuprich
Schnitt
Jann Anderegg
Musik
Diego Ramos
Besetzung
Jan Bülow (Johannes Leinert), Olivia Ross (Karin Hönig), Hanns Zischler (Dr. Julius Strathen), Gottfried Breitfuß (Prof. Blumberg), Philippe Graber (Kommissar Amrein), David Bennent, (Kommissar Arnold)
Land, Jahr
DE/AT/CH 2023
Dauer
118 Minuten
Verleih
Filmcoopi
Altersempfehlung
6

Auszeichnungen

2023
Utopiales Nantes: Grand prix du jury
2024
Preis der deutschen Filmkritik: Beste Musik
2024
Deutscher Filmpreis: Beste Kamera, bestes Szenenbild, beste visuelle Effekte

Filmografie

2012
Das leicht beunruhigende Schaukeln bei der Fahrt ins Tal
2014
Zerrumpelt Herz
2023
Die Theorie von Allem

Zitat

Längst vergangene Zeiten erstehen im Kino wieder, als soghaft-sinnliche Erfahrung, nicht als historisch bebilderte Lehrstunde. Es dominiert die Logik des Traums, die aus Leitmotiven ein immersives Gesamtbild komponiert.
Rüdiger Suchsland
Filmdienst.de, 25.10.2023

Kommentare

Realität und Fiktion, das Faktische und das Mögliche, Filmgeschichte und Filmmoderne, sie oszillieren in diesem Film wie die schillernden Farben thailändischer Seide. Aus den milchig verschwommenen Farben der Siebzigerjahre taucht der Film nach diesem Vorspiel ab ins Jahr 1962, in die scharfen Schwarz-Weiss-Kontraste, die man aus den Filmen der Fünfziger- und Sechzigerjahre kennt, und in die dunklen Bedrohungen, die in der Nachkriegszeit aus der Historie aufsteigen. Leinert reist mit seinem arrogant überheblichen Doktorvater (Hanns Zischler) im Zug zu einem Kongress in den Schweizer Alpen, wo die Kontraste zwischen dem Weiss des Schnees und dem Schwarz der Anzüge, Mäntel und Hüte der Männer extrem ist. Man denkt sofort an Hitchcock und Orson Welles, aber auch an die B-Movies der Vierziger- und Fünfzigerjahre. Film noir, Science-Fiction, Horror, ebenso schimmern Anklänge an die Paranoia-Thriller der Siebzigerjahre auf, und, ganz frisch, auch das mysteriöse Krimi-Diptychon »TRENQUE LAUQUEN«, in dem es ebenfalls um die Suche nach einer verschwundenen Frau ging. In seinem zweiten Spielfilm nach »ZERRUMPELT HERZ« mischt Timm Kröger die Karten der Filmgeschichte gründlich durch, um daraus etwas rätselhaft Neues entstehen zu lassen. Dazu gehört neben den grandiosen Cinemascope-Bildern von Roland Stuprich auch der symphonisch opulente Score von David Schweighart, in dem Zitate klassischer Filmmusiken von Bernard Hermann einen modernen, bisweilen fast psychedelischen Twist bekommen. [...] Niemand kann behaupten, nicht gewarnt worden zu sein: Natürlich ist es unmöglich, dass ein einzelner Film eine »THEORIE VON ALLEM« beinhalten kann. Doch auf wundersame und beeindruckende Weise gelingt es Timm Kröger, sie mit den Mitteln des Kinos vielschichtig anzudeuten.
Anke Sterneborg
22.09.2023

Kommentare

Der Regisseur rekurriert nicht nur auf die Suspense-Mittel von Alfred Hitchcock, etwa bei einer Skifahrt, die an Spellbound (1945) denken lässt, sondern setzt diese ebenso virtuos ein, wie es der Master himself zu tun vermochte. Sein Film solle «sich anfühlen wie ein Traum», meint Kröger – und so wirken auch die zahlreichen Anspielungen auf Orson Welles oder François Truffaut nicht wie bemüht-akkurate Nachstellungen, sondern wie halb erinnerte audiovisuelle Eindrücke, die sich ins Gedächtnis eingeschrieben haben. Eine organische Vertrautheit mit Bildern und Klängen, kein posenhaftes Picture- und Sound-Dropping bestimmt die Kameraarbeit von Roland Stuprich und den Score von Diego Ramos Rodríguez, der an die Kompositionen von Bernard Herrmann gemahnt und entscheidend zur Atmosphäre beiträgt. Statt internationale Klassiker der Kinohistorie zu kopieren, verankert Kröger die Biografien und Traumata seiner Figuren zudem stimmig in der deutschen Geschichte. Mit seinen Verweisen auf die Vergangenheit, seinen psychologischen Metaphern, seiner kreativen Gestaltung und seiner Besetzung, die im perfekten Einklang mit dem besonderen Tonfall der Erzählung agiert, erweist sich Die Theorie von Allem als stichhaltiger Beweis für die funkelnde Lebendigkeit des (deutschen) Kinos.
Andreas Köhnemann
Kino-Zeit.de, 05.09.2023