Blackbird Blackbird Blackberry
Vorstellung vom
- Regie: Elene Naveriani
- CH/GE 2023
- 110 Minuten
Blackbird Blackbird Blackberry
Etero, eine 48-jährige alleinstehende Frau und Besitzerin eines Haushaltswarengeschäfts, lebt in einem kleinen traditionell geprägten georgischen Dorf. Sie schätzt ihre Freiheit, mag Kuchen und plant einen friedlichen und gemütlichen Ruhestand fernab von Klatsch und Tratsch. Doch eine leidenschaftliche Affäre mit ihrem Lieferanten könnte all ihre Pläne durchkreuzen.
Werkangaben
- Regie
- Elene Naveriani
- Drehbuch
- Elene Naveriani, Nikoloz Mdivani
- Produktion
- Thomas Reichlin, Britta Rindelaub, Ketie Danelia, Bettina Brokemper
- Kamera
- Agnesh Pakozdi
- Schnitt
- Aurora Franco Vögeli
- Besetzung
- Eka Chavleishvili (Etero), Temiko Chinchinadze (Murman)
- Land, Jahr
- CH/GE 2023
- Dauer
- 110 Minuten
- Verleih
- Frenetic
- Altersempfehlung
- 12
Filmografie
- 2013
- Father Bless Us (Kf/cm)
- 2014
- Les évangiles d'Anasyrma (Kf/cm)
- 2017
- I Am Truly A Drop Of Sun On Earth
- 2018
- Le boeuf volé de Papa Lantsky (Kf/cm)
- 2019
- Red Ants Bite
- 2021
- Wet Sand
- 2023
- Blackbird Blackbird Blackberry
Auszeichnungen
- 2023
- Sarajevo Film Festival: Best Feature Film, Best Actress
- 2023
- Festival International de Cine de Gijón: Best Actor, Best Actress
- 2024
- Swiss Film Award: Best Feature Film, Best Screenplay, Best Editing
Elene Naveriani bewies bereits in Wet Sand (2021) ein eindrückliches Gespür dafür, den subtilen, aber gnadenlosen Druck, dem nonkonforme Personen in dörflichen Gemeinschaften ausgesetzt sind, in präzisen Bildkompositionen mit wenigen Dialogen und Gesten einzufangen. Während Wet Sand noch mit einer dramatisch leicht ausschweifenden Handlung aufgeladen war, konzentriert sich Blackbird Blackbird Blackberry ganz auf seine faszinierende Hauptfigur. In deren Körper, deren Bewegungen und Blicken zeigen sich immer mehr Zeichen für die langsame Auflösung des Ungleichgewichts zwischen Ethéros innerer und äusserer Freiheit.
Dominic SchmidWoz, 26.10.2023
Zitat
Zum Ansehen ist das fast so schön wie eine Amsel auf einem Brombeerstrauch, kurz bevor sie wegfliegt.
Dominic SchmidWoz, 26.10.2023
Kommentare
Bei Coming-of-Age-Filmen denkt man sofort an jugendliche Hormonstürme, die Suche nach dem erwachsenen Selbst und leidenschaftliche Auflehnung gegen die Eltern. Die Filmgeschichte ist voll von diesen Erzählungen über das Erwachsenwerden und die Rebellion, eng verknüpft mit einer Bildersprache der Jugend. So als wären diese verwirrende Verwandlung, dieser Sturz in die Liebe und ein Aufbegehren gegen die Welt der Erwachsenen nur in diesem Zeitraum der Teenagerjahre möglich.
Eine zärtlich-melancholische schweizerisch-georgische Koproduktion zeigt nun, dass wir doch eigentlich unser ganzes Leben lang erwachsen werden: Mit viel Einfühlungsvermögen lässt Elene Naveriani die klassischen Elemente des Coming of Age ins Alter kommen. [...]
Einmal, im Café, als sie von einem älteren Herrn angeflirtet wird, sagt die Widerspenstige mit lakonischer Ehrlichkeit: «Wenn die Ehe und Schwänze glücklich machen würden, dann wären es viele Frauen.» Das ist der Tonfall dieses Films: Es genügt ein Satz, um die soziale, von männlicher Macht geprägte Funktion der Ehe aufzudecken, wo es echte Freiheit oft gar nicht gibt.
[Naveriani] und ihre Co-Autoren Nikoloz Mdivani und Tamta Melashvili weben in Blackbird Blackbird Blackberry eine feministische Kritik an der patriarchalen georgischen Gesellschaft ein, ohne dass der Film dadurch belehrend würde. Stattdessen begleitet die Kamera Ethéro mit nüchternem und dennoch von leisem Witz durchzogenem Blick und zeichnet das Porträt einer willensstarken, eigensinnigen Frau.
Elene Naveriani hat mit Blackbird Blackbird Blackberry eine berührende, in manchen Momenten gar leichte Liebesgeschichte geschaffen, in der sich zwei Menschen im Herbst ihres Lebens wie tapsige Teenager begegnen. Wenn sie Sex haben, wird nichts ästhetisiert. Er wirkt alltäglich, geleitet von der Sehnsucht zweier alternder Menschen nach Berührung, was durchaus eine Seltenheit ist im Kino. Die Inszenierung zielt nicht auf Erotik, stattdessen liegt da eine Verletzlichkeit in der Begegnung der längst nicht mehr perfekten Körper, die viel über die Figuren aussagt.
Sebastian SeidlerNZZ, 26.10.2023