Matter Out of Place

Vorstellung vom
  • Regie: Nikolaus Geyrhalter
  • AT, 2022
  • 105 Minuten
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Matter Out of Place

Müll an den Stränden, Müll auf den Bergen. Am Meeresgrund und tief unter der Erde. «Matter Out of Place», das bezeichnet Gegenstände in einem für sie unnatürlichen Umfeld. Mit seiner unverkennbaren Bildsprache aus präzise komponierten Aufnahmen folgt der Regisseur den Massen an Müll quer über unseren Planeten. Von den Berggipfeln der Schweiz über die Küsten Griechenlands und Albaniens, hinein in eine österreichische Müllverbrennungsanlage, weiter nach Nepal und auf die Malediven und bis in die Wüste Nevadas.

Werkangaben

Regie
Nikolaus Geyrhalter
Produktion
Michael Kitzberger, Wolfgang Widerhofer, Markus Glaser, Nikolaus Geyrhalter
Kamera
Nikolaus Geyrhalter
Schnitt
Samira Ghahremani, Michael Palm
Land, Jahr
AT, 2022
Dauer
105 Minuten
Verleih
Frenetic Films

Zitat

Die Themen von Geyrhalters Filmen mögen unspektakulär klingen, doch welch anhaltende Wirkung sie bei ihren Betrachtern erzielen können, ist phänomenal.

Tobias Sedlmaier
Luzerner Zeitung, 24.3.23

Kommentar

Worte gibt es kaum in "Matter Out of Place", die Bilder reichen aus, um vor Augen zu führen, wie wir Menschen unseren Planeten vermüllen. Auch wenn Geyrhalter uns nicht zeigt, wie wir Unmengen konsumieren und diese Unmengen wegwerfen, läuft dieses Wissen bei jeder Szene im eigenen Kopf mit ab.

Manche Bilder sind schwer zu ertragen, zeigen Zustände, die man sich nicht vorzustellen gewagt hat. In Nepal wird ein vollgestopfter Müllsack nach dem anderen auf eine Rikscha geworfen, ein einzelner Mann fährt durch die Strassen, sammelt, was die anderen wegwerfen.

Lkw reiht sich an Lkw an einer Sammelstelle, alle liefern ab, was sie nicht mehr brauchen und dann wälzt sich eine Karawane an Lastwagen zu einer riesigen Müllhalde. Der Müll wird abgeladen und Menschen sortieren den Unrat, ständig kommt neuer nach. Sisyphus — ein Hilfsausdruck. Jeder Sack wird in die Hand genommen, aufgerissen, entleert. Geyrhalter hält die Kamera unerbittlich lange auf diese Szenerie, die „unmöglich“ zu schreien scheint. Unmöglich, dass wir Menschen noch einmal Herr über diesen Wahnsinn werden.

Und dann findet der Regisseur und Kameramann auch das Idyll in dem Abgrund und zeigt, wie Taucher aus den Tiefen des Ozeans weisse Säcke voll Abfall aufsteigen lassen, wie dort ganz natürlich vorkommende Wesen steigen sie an die Oberfläche, einem Quallenballett gleich.

Mariella Moshammer
Oberösterreichisches Volksblatt, 21.4.23

Geyrhalters Reise in "Matter Out of Place" beginnt im beschaulichen Solothurn, wo die Bagger riesige Löcher in eine saftige Wiese graben. Was nach dem Beginn einer Überbauung aussieht, entpuppt sich als Aushebung einer Mülldeponie aus den 1970er Jahren, wo Müll schlicht und einfach vergraben wurde. Das war damals der Stand der Technik, so wie man bis ins späte Mittelalter, den Abfall aus dem Fenster warf und darauf wartete, dass er verrottete. Doch der Fortschritt selber erzeugt auch jede Menge Müll, der bestehen bleibt, auch wenn man ihn vergräbt. Und auch hier befinden sich noch heute Abfälle, die wiederverwertet werden könnten. Denn Müll vergeht nie. Selbst nach der Verbrennung bleiben Asche und Schlacke übrig.

Aber Geyrhalter will weder kommentieren noch Lösungen aufzeigen. […] In langen Einstellungen beobachten wir die Arbeiter in einer Mülldeponie in Nepal, die bei Dauerregen versuchen, den Abfall mit der Rikscha zur Deponie zu bringen, und schliesslich am Schlamm scheitern. Fast schon absurd mutet auch der Transport eines Müllwagens an, der mit der Gondel in die Schweizer Berge gehievt wird, um die Skiorte sauber zu halten; ebenso die frühmorgendliche Müllentsorgung an touristischen Stränden, bevor die Urlauber*innen aufwachen.

Sollten die Malediven einst vom Meer verschluckt werden, dann wird einzig die Insel übrig bleiben, die am höchsten ist, weil sie aus einem riesigen Müllberg besteht, so Geyrhalter. Ist er deswegen pessimistisch? Nein, meint er, denn Pessimismus ist keine Lösung. Müll gibt es überall, und es gibt Menschen, die an Verbesserungen arbeiten, auch wenn die Handlungsmöglichkeiten begrenzt sind.

Beate Steininger
maximumcinema.ch, 2.4.23

Auszeichnungen

2022
Locarno Film Festival: Pardo Verde WWF Award
2022
Black Canvas Festival de Cine Contemporáneo, México: Beste Regie
2022
Festival dei Popoli di Firenze: Best feature length documentary
2023
ZagrebDox, International Documentary Film Festival: Big Stamp Award

Filmografie

1994
Angeschwemmt (doc)
1999
Pripyat (doc)
2001
Elsewhere (doc)
2005
Unser täglich Brot (doc)
2011
Abendland (doc)
2015
Über die Jahre (doc)
2016
Homo Sapiens (doc)
2018
Die bauliche Massnahme (doc)
2019
Erde (doc)
2022
Matter Out of Place (doc)

Do Not Feed the Pigeons

Vorprogramm
  • Regie: Antonin Niclass
  • UK 2021
  • 9 Minuten
zum Hauptfilm

Do Not Feed the Pigeons

Eine Gruppe von müden und einsamen Reisenden an einem trostlosen Busbahnhof. Plötzlich gelingt es den Tauben – als Herrscher des Ortes –, ihre Aufmerksamkeit zu erregen und einen Moment der Harmonie zu schaffen.