Dans la ville blanche

Vorstellung vom
  • Regie: Alain Tanner
  • CH/GB/PT, 1983
  • 108 Minuten
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Dans la ville blanche

Paul, ein Matrose, verlässt das Schiff während eines Zwischenhalts in Lissabon und streift mit einer Kamera in der Hand durch die Gassen. Zwar liebt er seine Frau Elisa sehr, die in der Schweiz auf ihn wartet, dennoch erliegt er dem Charme von Rosa, der Angestellten des Hotels, in dem er wohnt. Mit diesem Film, der im Zeichen der Ruhelosigkeit und der Flucht steht, sucht Alain Tanner nach einem neuen kinematografischen Weg. Vom 35-mm-Format zu den in Super 8 aufgenommenen Bildern seines Protagonisten wechselnd, malt er das Porträt eines Mannes an einem Scheideweg, von Bruno Ganz mit einer beeindruckenden Nonchalance und Melancholie verkörpert.

Werkangaben

Regie
Alain Tanner
Drehbuch
Alain Tanner
Produktion
Paulo Branco, Alain Tanner, António Vaz da Silva
Kamera
Acácio de Almeida
Schnitt
Laurent Uhler
Musik
Jean-Luc Barbier
Besetzung
Bruno Ganz (Paul), Teresa Madruga (Rosa), Julia Vonderlinn (Élisa)
Land, Jahr
CH/GB/PT, 1983
Dauer
108 Minuten
Verleih
Cinémathèque Suisse

Zitat

Das unbestrittene Grossereignis in "Dans la ville blanche" aber ist Bruno Ganz in seiner Rolle als Paul, dem die Kamera auf Schritt und Tritt folgt. Die unberechenbare Geschmeidigkeit seines Spiels erinnert daran, warum der Schweizer schon damals nicht nur auf der Bühne ein Star war, sondern auch auf der Leinwand.

Frank Heer
NZZaS, 18.3.2021

Kommentare

"Dans la ville blanche" ist ein Schlüsselwerk des grossen Genfer Filmemachers Alain Tanner. Wer mit seinem sozialpolitischen Werk aus den siebziger Jahren vertraut ist, etwa mit "La salamandre" oder "Jonas qui aura 25 ans en l’an 2000", erlebt mit diesem wunderbaren Aussteigerfilm von 1983 einen neuen Tanner, der sich von den Nachwehen der Nouvelle Vague befreit und einer leichtfüssigen Poesie zugewandt hat, die sogar einen Hauch von New Hollywood verströmt.
Ohne Drehbuch und mit schmalem Budget war Tanner mit seiner Crew nach Lissabon gereist, um sich dem zufälligen Verlauf einer Erzählung hinzugeben. «Die Zeit hat sich aufgelöst», lässt er seinen gestrandeten Protagonisten sagen, «nichts existiert mehr wirklich.» Und wie Paul lässt man sich auch als Zuschauer treiben in dieser Stadt des blendenden Lichts, bewegt sich fast wie im Traum durch die Geschichte, die von Flucht und Ruhelosigkeit, aber auch von der Sehnsucht nach dem bestmöglichen Ausgang einer alten und einer neuen Liebe erzählt. […]
Und natürlich sind da die Farben, die diesen Film so berauschend machen und die Tanner neu für sich entdeckt zu haben scheint: das Dunkelblau der Nacht, der tiefrote Vorhang im Hotelzimmer, das verblasste Rosa einer Hauswand, das Türkis der Tapete, das Orange des Mondes, das Gelb des Neonlichts oder das strahlende Weiss der Bettwäsche, die draussen an der Sonne hängt.

Frank Heer
NZZaS, 18.3.2021

Als die Schweiz als Reibungs­fläche nicht mehr ausreichte, die poli­ti­sche Wut Tanners sich viel­leicht auch schon ein wenig erschöpft hatte, ging Tanner mit seinen Filmen wieder auf Reisen und erreichte mit Werken wie "Les Années lumière" (1981) und vor allem mit seiner wunder­schönen, zärt­li­chen Intro­spek­tion "Dans la ville blanche" (1983) immer größeren Zuspruch auch außerhalb der Schweiz. Denn statt einer abstrakten Ideologie oder der Misere eines Landes standen nun einsame, entfrem­dete Männer auf der Suche nach Erlösung im Zentrum von Tanners Werk. Und den fast schon lyrischen Spuren von Bruno Ganz als Schiffs­me­cha­niker auf Landgang in Lissabon zu folgen, schien dann auch fast so, wie der Lösung von Tanners Grund­pro­blem, der großen Fremdheit, beizu­wohnen und dabei selbst gleich miterlöst zu werden. Denn Fremde sind wir irgend­wann im Leben ja alle einmal gewesen.
Denn hier, auf diesen somnam­bulen Spazier­gängen durch die weißen Straßen Lissabons auf der Suche nach Identität und der »wahren« Liebe, und dann noch stärker und eindeu­tiger in seinen späteren Filmen wie "Une flamme dans mon cœur" (1987), in denen er sich von der fran­zö­si­schen Schau­spie­lerin und Dreh­buch­au­torin Myriam Mézières inspi­rieren und unter­stützen ließ, wird die Fremdheit zwar weiterhin als unaus­lö­sch­lich einge­standen, gibt es durch Liebe, Körper­lich­keit, vor allem aber Begehren immerhin so etwas wie eine Auszeit, Fragmente des Glücks.

Axel Timo Purr
Artechock.de, 15.9.2022

Auszeichnungen

1984
César: Meilleur film francophone
1984
Fotogramas de Plata: Mejor Película Extranjera

Filmografie (Auswahl)

1966
Une ville à Chandigarh
1969
Charles mort ou vif
1971
La Salamandre
1974
Le Milieu du monde
1976
Jonas qui aura 25 ans en l’an 2000
1978
Messidor
1981
Les Années Lumière
1983
Dans la ville blanche
1987
La Vallée fantôme
1987
Une flamme dans mon cœur
1998
Requiem
2004
Paul s’en va

The Record

Vorprogramm
  • Regie: Jonathan Laskar
  • CH 2022
  • 9 Minuten
zum Hauptfilm

The Record

In Anwesenheit des Regisseurs, Freitag, 9. Februar

Ein Antiquitätenhändler bekommt von einem Reisenden eine magische Schallplatte, die seine Gedanken liest und seine vergessenen Erinnerungen spielt. Besessen von dieser unendlichen Platte, hört der Antiquitätenhändler sie wieder und wieder, und die Erinnerungen tauchen auf.