What Do We See When We Look at the Sky?
- Regie: Alexandre Koberidze
- DE / GE 2021
- 150 Minuten
What Do We See When We Look at the Sky?
Es ist Liebe auf den ersten Blick, als sich Lisa und Giorgi in der georgischen Stadt Kutaissi für einen kurzen Moment begegnen. Die Liebe erwischt sie so plötzlich, dass sie sogar vergessen, sich gegenseitig ihre Namen zu verraten. Bevor sie beide wieder ihrer Wege gehen, vereinbaren sie, sich am nächsten Tag zu treffen. Doch die beiden ahnen nicht, dass sie einem Fluch zum Opfer fallen, der sie dazu verdammt, am nächsten Tag mit einem anderen Aussehen zu erwachen. Gelingt es ihnen, sich wiederzusehen? Und falls es ihnen gelingt, werden sie sich wiedererkennen? Das Leben in der Stadt geht währenddessen weiter, die Strassenhunde streunen herum, die Fussballweltmeisterschaft beginnt und eine Filmcrew, die sich der Aufgabe verschrieben hat, die wahre Liebe zu finden, könnte Lisas und Giorgis Rettung sein.
Werkangaben
- Regie
- Alexandre Koberidze
- Drehbuch
- Alexandre Koberidze
- Produktion
- Mariam Shatberashvili
- Kamera
- Faraz Fesharaki
- Schnitt
- Aleksandre Koberidze
- Musik
- Giorgi Koberidze
- Besetzung
- Ani Karseladze (Lisa), Giorgi Bochorishvili (Giorgi), Oliko Barbakadze (Lisa), Giorgi Ambroladze (Giorgi)
- Land, Jahr
- DE / GE 2021
- Dauer
- 150 Minuten
- Verleih
- Cercamon World Sales
Zitat
« Er entdeckt Poesie im Gestrüpp einer Strassenkreuzung und
Liebe in einem mit Käse gefüllten Fladenbrot. Nach diesen zweieinhalb Stunden Kinoglück
sehen wir nicht nur im Himmel so viel mehr als zuvor. »
Der Spiegel, 05.03.2021
Kommentar
Der Anfang steht insofern stellvertretend für den Film, als der Regisseur mit denkbar einfachsten Mitteln, die er auch unverblümt offenlegt, grosse Momente zu zaubern imstande ist. Er greift in eine Trickkiste, die spätestens seit Eisenstein Gemeingut ist, und lässt uns uneitel daran teilhaben, ohne sich an irgendwelchen Formalismen festzukrallen. Das augenscheinlichste Beispiel ist, wenn in der Mitte des Films der offizielle Song von Italia 90, « Un’estate Italiana », auf Zeitlupenaufnahmen von bolzenden Mädchen gelegt wird. Es ist schwer, sich jemanden vorzustellen, den diese Stelle gänzlich kalt lässt. […]
Doch geht es nicht nur indirekt um die Macht der Schau und des Erzählens, um Blicke und ums Fabulieren. Nicht nur ist das Public Viewing der parallel stattfindenden Fussballweltmeisterschaft so etwas wie ein grosses Freiluftkino, kommunale Begegnungsstätte und eine ganz eigene Traumfabrik, auch das Kino selbst führt die Leute zusammen – unter anderem eben Lisa und Giorgio, denen eine Überwachungskamera einst den Fluch des bösen Blicks kundtat, und die der liebende Blick in eine Filmkamera wieder vereint. Doch das ist nicht einmal das Wichtigste.
Wer es bis zum Schluss nicht begriffen hat, für den fasst es die lakonische Erzählerstimme zusammen: Wie kann man sich solche Geschichten nur ausdenken. Sie haben für die Gesellschaft keinen tieferen Nutzen. Aber, wenn man genauer drüber nachdenkt, steckt da doch was dahinter. Solche Geschichten passieren. Nicht oft, aber es gibt sie wirklich. Und so irrt man gern umher in diesem magischen Wald, geleitet von einer freien und eigenen, gänzlich ungekünstelten Handschrift, und erblickt die Abenteuer, die sich um uns herum abspielen, ohne dass sie als solche rüberkämen. Man könnte dies «Kino der Nebensächlichkeiten » nennen, Multi-Impressionismus, oder Magischer Neo-Realismus.
Artechock.de, 04.03.2021
Hintergrund
Über eineinhalb Jahre haben Regisseur und Filmteam in Kutaissi verbracht, einen Ort, den Alexandre Koberidze laut eigener Auskunft zuvor nur von der Durchreise kannte. Die Beobachtungen der Stadt haben auch etwas Dokumentarisches – Kinder beim Fussballspiel, Strassenhunde. «Ich habe bis jetzt noch keine klare Antwort auf die Frage gefunden, wo das Dokumentarische aufhört und das Fiktionale beginnt. Mit meinen Filmen versuche ich auch immer, solche Sachen zu verstehen. Aber mich interessiert beides», meint er.
Das blosse Dokumentieren des Alltags hilft Koberidze ausserdem, Rhythmen und Funktionsweisen einer Umgebung zu begreifen. Ein umfassendes Verständnis dieser ist ihm wichtig. Ein Grund, warum seine Filme bislang in Georgien entstanden sind und nicht in Berlin: «Ich habe fast zwölf Jahre in Berlin gelebt und trotzdem das Gefühl, dass es zu viel gibt, von dem ich nichts weiss. Auch jetzt ist das, was ich sehe, sehr begrenzt, genauso wie der Kreis an Leuten, die ich kenne. […] In Berlin habe ich keine Ahnung, wie Kinder erzogen werden, wie es in der Schule ist, wie ein Leben hinter den Fenstern überhaupt abläuft.»
tipBerlin, 06.04.2022
Filmografie
- 2021
- What Do We See When We Look at the Sky?
- 2019
- Linger on Some Pale Blue Dot
- 2017
- The Perfect Spectator (Kf/cm)
- 2017
- Let the Summer Never Come Again
- 2015
- Colophon (Kf/cm)
- 2013
- Looking Back is Grace (Kf/cm)
Auszeichnungen (Auswahl)
- 2022
- International Cinephile Society Awards: Best Editing
- 2021
- Berlinale: FIPRESCI Prize (Competition)
- 2021
- Chicago International Film Festival: Best Screenplay
- 2021
- Mar del Plata Film Festival: Special Jury Award
- 2021
- Seville European Film Festival: Best Cinematography