Tiere
Anna und Nick wollen mal raus aus ihrem Alltag. Auch ihre Beziehung könnte eine Auffrischung brauchen. So fahren die beiden ins Waadtland, wo er lokale Kochrezepte sammeln und sie ein neues Buch schreiben will. Unterwegs kollidieren sie unglücklich mit einem Schaf. Danach scheint alles wie immer. Doch bald geschehen sowohl im Waadtländer Chalet wie auch in ihrer Wiener Wohnung seltsame Dinge. Nachdem zunächst die Zeitebenen durcheinander geraten sind, lösen sich auch die räumlichen Grenzen auf. Ist das alles nur ein Traum – und falls ja: Wer träumt ihn eigentlich?
Werkangaben
- Regie
- Greg Zglinski
- Drehbuch
- Jörg Kalt
- Produktion
- Stefan Jäger, Karin Renz
- Kamera
- Piotr Jaxa
- Schnitt
- Karina Ressler
- Musik
- Bartosz Chajdecki
- Besetzung
- Birgit Minichmayr (Anna), Philipp Hochmair (Nick), Mona Petri (Mischa, Andrea, Eisverkäuferin), Mehdi Nebbou (Tarek), Michael Ostrowski (Harald)
- Land, Jahr
- SUI/AUT/POL, 2015
- Dauer
- 94 Minuten
- Verleih
- Filmcoopi
Begründung / Zitat
«Im Grunde eine simple Beziehungskiste über die Liebe oder die Untreue. Plötzlich werden Handlungen verdreht und die Zeitebenen passen nicht mehr. Die (meines Erachtens) zwei Weltklasseschauspieler, die sich in dieser Endlosschleife befinden, meistern das Wirrwarr hervorragend.»
Filmgilde
Kommentare
«Es gibt Filme, denen ist schwer beizukommen. Denn immer wenn man denkt, man hätte das Leinwandgeschehen endlich im Griff, wirft eine Wendung wieder alles aus der Bahn und führt bestenfalls dazu, dass man verdutzt weiterrätselt, wohin einen die Geschichte am Ende wohl hintreiben mag. Realität und Fiktion sind dabei stets ineinander verschlungen, vermischen sich und stossen sich dann gegenseitig wieder ab. Die totale Verunsicherung ist Konzept und Methode in einem. Alles wankt, weil selbst Raum und Zeit keine Ordnung mehr stiften. Nichts ist sicher, schon gar nicht man selbst.
Tiere von Greg Zglinski ist ein unfassbarer Film, verworren, wundersam und faszinierend zugleich, mit Sinn für Humor und einem Hauch von Horror, der sich sanft über die zunehmend bizarrere Handlung legt. Ein kniffliges Genrestück, das sich seiner Wurzeln bewusst ist, diese zitiert und dabei trotzdem gehörig aus dem Rahmen fällt. Wobei man nie den Eindruck hat, der Film wolle damit prahlen, dass er sich bewährten Mustern entzieht. (...)
Zglinski zieht gekonnt sämtliche Register Hitchcock’scher Suspense- und Überraschungskunst, um auch die Zuschauer an den Rand der Verzweiflung zu bringen. Erst sind es Zeitverschiebungen, die sich nicht erklären lassen. Dann werfen Perspektivenwechsel plötzlich noch einmal ein ganz anderes Licht auf immer wieder dieselben Situationen, ohne jemals Klarheit zu schaffen. Im Gegenteil: Die Rätsel verstricken sich nur immer weiter. Unterdessen wird das angefahrene Schaf geschlachtet, ein Vogel begeht Selbstmord, und spätestens in dem Moment, wo eine neunmalkluge schwarze Katze ins Spiel kommt, wird klar, dass Zglinski hier keine wirre Farce um Liebe und Betrug erzählt, sondern vielmehr raffiniert einen Abstieg in die Hölle vorbereitet. Stationen eines Zusammenbruchs, surreal inszeniert. Die Vorlage zum Film lieferte ein Drehbuch des leider viel zu früh verstorbenen österreichischen Autors und Filmemachers Jörg Kalt, der sich 2005 mit seinem zweiten Langfilm Crash Test Dummies auch über die heimischen Grenzen hinaus einen Namen machte, bevor ihm zwei Jahre später das eigene Leben zu viel wurde. Mit Zglinski, einem polnischen Regisseur, der in der Schweiz aufgewachsen ist, hat nun ein angemessener, ähnlich unangepasster Kopf sein Werk vollendet. Und es ist schon erstaunlich, wie gut sich Tiere in jene Flut von Filmen einfügt, die im gegenwärtigen Kino zwischen Wahn und Wirklichkeit changieren, ohne jemals einen Funken seiner Originalität einzubüssen.»
Filmbulletin, 6/2017
Auszeichnungen (Auswahl)
- 2017
- Zürich Film Festival: Special Mention, Emerging Swiss Talent Award
- 2018
- Schweizer Filmpreis: nominiert in drei Kategorien/nominé dans trois catégories
- 2018
- Österreichischen Filmpreis: nominiert in der Kategorie Bester Schnitt
Filmografie (Auswahl)
- 2017
- Tiere
- 2016
- Le temps d’Anna
- 2011
- Wymyk (Courage)
- 2004
- Tout un hiver sans feu

Ligne noire
Eine in trüben Gewässern fischende Frau, eine leidende Natur, der gebrochene Gesang des Muezzins – alle verbunden durch eine dünne schwarze Linie.