Taming the Garden

Vorstellung vom
  • Regie: Salomé Jashi
  • CH / DE / GE / NL 2021
  • 92 Minuten
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Taming the Garden

Ein mächtiger Mann kauft alte, bis zu 15 Stockwerke hohe Bäume entlang der georgischen Küste, um sie in seinen privaten Garten zu verpflanzen. Für den aufwändigen Transport der Bäume werden andere Bäume gefällt, Stromkabel verlegt und neue Strassen durch Mandarinenplantagen gepflastert. Die dramatische Migration hinterlässt etwas Geld, vernarbte Dörfer und verwirrte Gemeinschaften. Die Regisseurin Salomé Jashi begleitet diesen bizarren wie erschütternden Prozess, und vermittelt zugleich ein Bild der Lebensverhältnisse einer ländlichen Bevölkerung an der äussersten Peripherie Europas. Der Film rückt den Begriff der Entwurzelung von seiner metaphorischen Bedeutung in eine bedrückende, greifbare und doch surreal anmutende Realität.

Werkangaben

Regie
Salomé Jashi
Drehbuch
Salomé Jashi
Produktion
Vadim Jendreyko, Erik Winkler, Martin Roelly, Salome Jashi
Kamera
Salome Jashi
Schnitt
Chris Wright
Musik
Celia Stroom
Land, Jahr
CH / DE / GE / NL 2021
Dauer
92 Minuten
Verleih
Vinca Film

Zitat

« Eine surreale Reise durch eine scheinbar vertraute Landschaft, in der die unerklärten und unerklärlichen Mechanismen des Kapitalismus, sowie Eitelkeit und ein fehlgeleiteter Sinn für natürliche Perfektion eine ganze Landschaft ihrer Bäume berauben. Der Film hinterlässt seine Zuschauer fast so verwirrt und vielleicht auch so amüsiert wie die stoischen Arbeiter, die jene majestätischen Bäume entwurzeln und transportieren müssen. »

Dominic Schmid
aus der Begründung der FIPRESCI-Jury, 08.10.2021

Kommentare

Im unsichtbaren, da nie benannten und nie gezeigten Zentrum dieser Story steht der schwerreiche Milliardär und ehemalige Premierminister Bidzina Ivanishvili, der seine Heimat nach prachtvollen Baumriesen durchforstet, diese mit enormen Aufwand ihres ursprünglichen Standplatzes beraubt und sie seinem künstlich angelegten Anwesen einverleibt und diese dorthin verpflanzt. […]

Ohne jeglichen Kommentar fragt man sich lange Zeit, was man da wirklich sieht und wer diese geheimnisvolle Kraft ist, die hinter all dem steckt. Taming the Garden ist das Gegenteil eines investigativen Dokumentarfilms und nicht wenige Zuschauer*innen dürften genau damit, mit dem Vorenthalten des Kontextes und der stillen,  fast schon meditativen Darstellung der Ereignisse ihre Schwierigkeiten haben. Doch es lohnt sich, diesem sehr besonderen Film mit Geduld zu begegnen, denn mit der Zeit entwickeln der ruhige Fluss der Bilder und die Alltagsgespräche der Menschen eine derartige Kraft, dass man sich ihrer Anmut und dem Ausmass der ihnen innewohnenden Zerstörung nicht entziehen kann.

Joachim Kurz
Kino-Zeit.de, 02.12.2021

Denn Bidsina Iwanischwili hat ein exzentrisches Hobby, das sich nur die Reichsten der Reichen ausdenken können und nach einer orientalischen Sage oder einem Dürrenmatt-Stück klingt: Im ganzen Land sucht er nach den schönsten Bäumen, zahlt den Besitzer*innen eine für sie stattliche Summe Geld, verspricht Strassen zu bauen und der ganzen Gemeinschaft etwas Gutes zu tun. Sein Lohn sind einzig uralte Bäume, die er aufwändigst über Land und Wasser in eine neue, mit gepflegtem Rasen und Sprinkleranlagen versehene Heimat verfrachtet. […]

Jashis Dokumentarfilm glänzt nicht mit packend komponierten Bildern, die diese prächtigen, durchs Land schwebenden Giganten hätten produzieren können. Zweifelsohne brennt sich zwar das ikonische Bild des aufrechten Baumes, der mitten im weiten Meer steht, ein. Das emotionale Zentrum von Taming the Garden aber bildet die Prozession stummer und niedergeschlagener Dorfbewohner*innen, ungerührter Jugendlicher mit gezücktem Smartphone, und Helfershelfern, die sich beim Abzug hinter dem hölzernen Riesen bildet.

Jashi richtet die Kamera – sozusagen über die Schulter des scheidenden Kolosses schauend – konsequent auf sie, die Zurückgelassenen, die genauso entwurzelt dahinzotteln wie der Baum, der vor ihren Augen entschwindet. Denn darin kulminiert am Ende die aufwühlende Botschaft des Films: Wenn ein politisches und finanzielles Schwergewicht sein Land wie ein Open-Air-Shoppingcenter behandelt, dann zerreisst er nicht nur den Stammplatz eines Baums und dessen Umgebung, sondern schneidet auch ein Loch in das soziale Gewebe einer Gemeinschaft. Nicht ohne Grund wurde der Film in Georgien bis nach den Regionalwahlen im Herbst 2021, um eine politische Polarisierung zu vermeiden, nicht gezeigt.

Michael Kuratli
Filmbulletin, 09.12.2021

Filmografie

2021
Taming the Garden (doc)
2016
The Dazzling Light of Sunset (doc)
2011
Bakhmaro heisst Paradies (doc)
2010
The Leader ist always right (doc)
2009
Speechless (Kf/cm)
2006
Their Helicopter (Kf/cm)

Auszeichnungen (Auswahl)

2021
Golden Apricot Yerevan International Film Festival: FIPRESCI Prize
2021
Cinéma du Réel: Young Jury Award
2021
Miskolc International Film Festival: CineDocs Prize
2021
Tacoma Film Festival: Best Cinematography

Zigipouse

Vorprogramm
  • Regie: Alan Sahin
  • CH 2021
  • 10 Minuten
zum Hauptfilm
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