Red Rocket

Vorstellung vom
  • Regie: Sean Baker
  • US 2021
  • 130 Minuten
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Red Rocket

Verlebt und bloss mit 22 Dollar in der Tasche kehrt der Ex-Pornostar Mikey Saber in seine Heimatstadt Texas City zurück. Bei seiner Noch-Ehefrau und der Schwiegermutter hält sich die Freude über sein Auftauchen in Grenzen. Um etwas Geld zu verdienen, kurvt er mit seinem alten Kinderrad durch die Stadt und verkauft Haschisch. Als er die 17-Jährige Strawberry kennenlernt, beginnen die beiden eine leidenschaftliche Affäre und Mikey schöpft wieder Hoffnung.

Werkangaben

Regie
Sean Baker
Drehbuch
Chris Bergoch, Sean Baker
Produktion
Sean Baker, Alex Coco, Samantha Quan, Alex Saks, Shih-Ching Tsou
Kamera
Drew Daniels
Schnitt
Sean Baker
Besetzung
Simon Rex (Mikey «Saber» Davies), Bree Elrod (Lexi Davies), Suzanna Son (Strawberry), Brenda Deiss (Lil), Judy Hill (Leondria)
Land, Jahr
US 2021
Dauer
130 Minuten
Verleih
Universal Pictures

Zitat

« Unterm Strich ist Red Rocket trotz des flatterhaften Protagonisten
mit seiner Vorliebe für zu junge Frauen, seinem merkwürdigen Karriereverständnis
und seiner Treuelosigkeitsomit kein frauen- und auch kein männerfeindlicher Film.
Sondern vor allem ein menschenfreundlicher. »

Jenni Zylka
taz, 13.04.2022

Kommentare

Der amerikanische Traum gerät zum Alptraum in der filmischen Welt von Sean Baker, der zu den aufregendsten Autor*innen der Gegenwart gehört. Sein neuester Film lässt uns erneut in ein Amerika voller Gegensätze, Sexarbeit und Donuts eintauchen. Red Rocket ist eine fesselnde Komödie zur Lage der Nation, die uns das Gefühl gibt, so schmutzig zu sein, dass keine noch so gute Wäsche den Schweiss von unserem Unterleib entfernen kann. Haben wir wirklich gerade Zuneigung für das männliche Kind Saber empfunden, das die 17-jährige Strawberry zu einem Pornostar ausbildet, seine Fahrkarte aus dem schrecklichen Texas und zurück nach Hollywood? Spielt es eine Rolle, dass sie klug ist und sich die Tatsache zunutze machen will, dass sich Sex gut verkauft, weil es besser ist als die Arbeit in einem Donut-Laden? Hat Baker einen Film über #MeToo gedreht, ohne einen Themenfilm zu machen? Ja, ja, ja, und ja ist die orgasmische Antwort, bevor einem der Gedanke in den Sinn kommt, dass man gerade mit dem Feind geschlafen hat.

Kaleem Aftab
Time Out, 01.03.2022

Es ist natürlich kein Zufall, dass Baker diese Geschichte in der jüngeren Vergangenheit angesiedelt hat, und zwar in dem Sommer, bevor Donald Trump Hilary Clinton die Präsidentschaft wegschnappte. Sehr zum Entsetzen vieler Menschen, die gerne das Wort «abgehängt » für den Grossteil ihrer Mitbürger verwenden. Red Rocket ist kein Film über die Gründe für Trumps Sieg. Aber er fängt die desillusionierte Stimmung im Land kurz vor dem Epochenwechsel, den Trumps Wahl bedeutete, nüchtern und pointiert ein.

Und die Figur des Mikey ist mit ihrem zwielichtigen Charme, ihrem aggressiven Humor, ihrem Zwangsoptimismus und dem Hang, immer den anderen die Schuld an der eigenen Misere zu geben, zwar nicht direkt ein kleiner Trump. Aber doch eine jener uramerikanischen Hustler-Persönlichkeiten, die dieses Land seit seiner Gründung im Grossen wie im Kleinen geprägt haben. Die Verführungstechniken der Pornoindustrie, lernen wir jedenfalls im Verlauf dieses Films, sind von denen der Politik nicht immer allzu weit entfernt.

David Steinitz
Süddeutsche Zeitung, 14.04.2022

Wenn das Bakers Trump-Film ist, dann weniger als Kommentar auf dessen Politik denn als popkulturelle Analyse des Umgangs mit ihm. Baker macht sich den Modus, in dem das liberale Amerika die Trump-Präsidentschaft verfolgt hat, nicht zu eigen, sondern kenntlich, indem er sehr bewusst und gekonnt ähnliche Reaktionen triggert: Hysterisch auflachend, ungläubig den Kopf schüttelnd, peinlich berührt, angewidert und dabei dem ganzen Theater doch leidenschaftlich verhaftet, sehen wir Mikey zu, sehen wir diesen Film.

So bewegt sich Red Rocket, wie schon Bakers andere Filme, ausserhalb des Radars der langweiligen Debatten über die ach so gespaltenen Staaten von Amerika. Und führt schliesslich vor, dass der Impfstoff aus dem gleichen Labor kommen muss wie das Virus. Den Teufel austreiben müssen am Ende eben doch die anderen Figuren aus Texas City, die typischen Baker-Outsider in solidarischer Eintracht, damit irgendwann auch das grandiose musikalische Leitmotiv von *NSYNC zu seinem Recht kommen kann: «Bye Bye Bye».

Till Kadritzke
Critic.de, 13.04.2022

Filmografie

2021
Red Rocket
2017
The Florida Project
2015
Tangerine
2012
Starlet
2008
Prince of Broadway
2004
Take Out
2000
Four Letter Words

Auszeichnungen (Auswahl)

2022
Santa Barbara International Film Festival: Virtuoso Award (Simon Rex)
2022
Independent Spirit Awards: Best Male Lead (Simon Rex)
2021
Cannes Film Festival: Palm Dog Award (ex aequo) (Sophie the Dog)
2021
Deauville American Film Festival: Prix du Jury, Critic’s Award (Sean Baker)