Pestalozzis Berg
- Regie: Peter von Gunten
- CH/DE/IT, 1989
- 119 Minuten
Pestalozzis Berg
Der Pädagoge und Humanist Heinrich Pestalozzi ist mit seinem Versuch, verwaisten Kindern ein neues Zuhause zu geben, gescheitert. Man hält ihn für einen verschrobenen Phantasten und Weltverbesserer. Die Schweizer Behörden versagen ihm jegliche Unterstützung. Zu schaffen macht ihm auch die Trennung von seiner Frau. In dieser Situation sucht er Zuflucht in einem Sanatorium in St. Gurnigel und in der Abgeschiedenheit der Schweizer Bergwelt. Den Mitmenschen begegnet er schroff, fast unhöflich. Einzig Mädi, ein einfaches Mädchen aus dem Volk, vermag ihm neue Hoffnung zu geben.
Werkangaben
- Regie
- Peter von Gunten
- Drehbuch
- Peter Schneider, Peter von Gunten, Lukas Hartmann
- Kamera
- Jürgen Lenz
- Schnitt
- Lotti Mehnert
- Musik
- Heinz Reber
- Besetzung
- Gian Maria Volonté (Pestalozzi), Rolf Hoppe (Zehender), Heidi Züger (Mädi), Christian Grashof (Zschokke), Michael Gwisdek (Perrault), Corinna Harfouch (Juliette Benoit)
- Land, Jahr
- CH/DE/IT, 1989
- Dauer
- 119 Minuten
- Verleih
- Peter von Gunten
Kommentare
Während man in der DDR über das dargebotene Bild des national verehrten Pädagogen und Sozialreformen enttäuscht war, […] interessierte man sich hierzulande mehr für die Frage, ob der Film dem Roman gerecht werde. Tatsächlich versteht sich <Pestalozzis Berg> auch nicht als Biopic, sondern versucht vielmehr analog zur klassischen Portraitkunst, in der Aufnahme eines einzigen Moments den ganzen Menschen Pestalozzi in all seinen Facetten hindurch schimmern zu lassen. Der Film fokussiert auf eine Zeit der Krise, in die der Humanist und Schulreformer stürzt, nachdem das von ihm mühselig, aber erfolgreich aufgebaute Waisenhaus in Stans 1799 von den einmarschierenden Franzosen geschlossen worden ist. Pestalozzi, von Gian Maria Volonté kraftvoll als herzensguter und zugleich verschrobenen, schroffer Phantast in abgewetzten Kleidern verkörpert, flüchtet sich ins Berner Berghotel Gurnigelbad wo er während sechs Wochen gegen seine inneren Dämonen ankämpft. Dabei zeichnet von Gunten in das Bild des Pädagogen mit feinen Linien eine Ambivalenz hinein, die von Rousseauscher Qualität ist, denn wie sein französisches Vorbild stellt auch Pestalozzi seine Ideale über das eigene Leben und verlässt seine Frau und den kranken Sohn, um andern Kindern zu helfen.»
NZZ am Sonntag, 6.7.2010
Leicht macht es Peter von Gunten mit "Pestalozzis Berg" seinen Zuschauern nicht. Das ist kein Film über den Pädagogen-Heiland und Wohltäter verarmter Kinder, wie er in der Erinnerung allzu vieler haftet. Und wer eine filmische Biographie über Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827) erwartet, wird vermutlich enttäuscht sein. Dem gleichnamigen Roman von Lukas Hartmann folgend, beschränkt sich der Film auf die Darstellung einer kurzen, schwierigen, aber auch entscheidenden Phase in Pestalozzis bewegtem Leben. […] Der Titel zu Hartmanns Roman und von Guntens Film hat einen doppelten Sinn. Er bezeichnet geographisch den Ort eines kurzen Aufenthaltes, den Berg, an dessen Hängen das Kurhaus steht, in dem Pestalozzi eine entscheidende Phase, eine einschneidende Zäsur in seinem ausserhalb üblicher Normen verlaufenden Dasein erlebte. Er steht aber auch für den Humanisten damalige innere Befindlichkeit: Pestalozzi steht vor einem Berg der Verzweiflung, der erdrückenden Last erlebten und bewusst gewordenen Widerstandes gegen seine Ideen und Überzeugungen, der Einsicht, wie schwierig es ist, in einer Welt Veränderungen zu bewirken, in einer Welt in welcher der Kampf ums nackte Überleben allzu vielen jegliche Sicht in eine mögliche besser Zukunft verbaut und in der die Habenden ihre Pfründen um jeden Preis wahren wollen. […] Der Film über den Mann, der die Kinder ernst nimmt, weil er sie als ganze Menschen versteht und liebt, der seine Theorien mit einer Hartnäckigkeit ohnegleichen in die Realität umsetzt, obschon er daran beinahe zerbricht, hat seinen klaren Gegenwartsbezug. Man braucht Pestalozzis Idee, dass jeder Mensch ein Recht auf Liebe, Wärme und eine ganzheitliche Förderung hat, nur in unsere Zeit zu übertragen.
ZOOM - Filmberater, Nr. 5/1989
Auszeichnungen
- 1989
- Festival internazionale del Film Trento: Bester Spielfilm
- 1989
- Festival du Film Historique Paris Mension: Prix du Jury international
- 1989
- BAK Bundesamt für Kultur: Qualitätsprämie
Filmografie (Auswahl)
- 2005
- Im Leben und über das Leben hinaus – Ici-bas, au delà
- 1996
- They teach us how to be happy (Lernen glücklich zu sein)
- 1993
- Terra prometida (Gelobtes Land)
- 1989
- Pestalozzis Berg
- 1978
- Kleine frieren auch im Sommer
- 1976
- El grito del Pueblo (Der Schrei des Volkes)
- 1974
- Die Auslieferung
- 1971
- Bananera-Libertad