Little Joe
- Regie: Jessica Hausner
- AT/UK/DE/FR 2019
- 105 Minuten
Little Joe
Die alleinerziehende Mutter und Wissenschaftlerin Alice hat sich voll und ganz ihrem Beruf verschrieben. Als Biologin hat sie etwas Denkwürdiges erschaffen: Eine purpurrote Blume, die eine ganz einzigartigen Wirkung hat – bei idealer Raumtemperatur und ausreichender Zuwendung macht ihr Duft die Menschen glücklich!
Heimlich nimmt Alice eine der Pflanzen für ihren 13jährigen Sohn Joe mit nach Hause. Doch je weiter die geheimnisvolle Blume wächst, desto mehr verändern sich die Menschen in Alices Umfeld. Ihr Verdacht wächst, dass ihre Schöpfung womöglich nicht so harmlos und glückverheissend ist, wie es ursprünglich geplant war…
Werkangaben
- Regie
- Jessica Hausner
- Drehbuch
- Géraldine Bajard, Jessica Hausner
- Produktion
- Bertrand Faivre, Martin Gschlacht, Jessica Hausner, Gerardine O’Flynn, Bruno Wagner
- Kamera
- Martin Gschlacht
- Schnitt
- Karina Ressler
- Musik
- Teiji Ito
- Besetzung
- Emily Beecham (Alice), Ben Whishaw (Chris), Kerry Fox (Bella), David Wilmot (Karl)
- Land, Jahr
- AT/UK/DE/FR 2019
- Dauer
- 105 Minuten
- Verleih
- Filmcoopi
Begründung / Zitat
«In ihrem ersten englischsprachigen Film erschüttert Jessica Hausner die Autorität der Gefühle. Little Joe hat nur einen Fixpunkt, aber in ihm sammelt sich die ganze Welt.»
critic.de, 18.05.2019
Kommentare
Jessica Hausner greift für Little Joe auf ein populäres Motiv der Filmgeschichte zurück: auf das ausser Kontrolle geratene wissenschaftliche Experiment, dessen Anziehungskraft unmittelbar mit dem Kino als Massenmedium zusammenhängt. Der von Menschenhand verursachte Schrecken trifft uns am Ende selbst. Wenn die Kamera von Martin Gschlacht gleich zu Beginn des Films durch das Gewächshaus gleitet, in dem die Pflanzen auf Edelstahltischen nebeneinander in ihren Behältern aufgefädelt gedeihen, wird das Bild des Schreckens bereits vorweggenommen: Was die einzelne Blume nicht zu verrichten – und zu vernichten – vermag, das wird ihr mithilfe der massenhaften Reproduktion gelingen. Das Glück, das Little Joe verspricht, wird sich ins Unglück wenden.
Wie ihre bisherigen Arbeiten inszeniert Jessica Hausner auch ihren ersten englischsprachigen Film mit der für sie typischen Formstrenge. Komplexe Kadrierungen und langsame, einprägsame Fahrten verstärken den Sog des Unheimlichen, der in der Erzählung schon angelegt ist. Immer wieder tastet die Kamera Oberflächen ab und lässt erahnen, was sich hinter der klinischen Sauberkeit dieser Forschungseinrichtung verbirgt. Es ist ein suchender, nahezu insistierender Blick, der Hausners Handschrift als Filmautorin seit vielen Jahren prägt und der in den Fokus rückt, was nicht nur hinter den sichtbaren Zeichen und Dingen, sondern auch unter der gesellschaftlichen Oberfläche gefährlich schlummert: die Einsamkeit und die damit einhergehende Entfremdung. […]
Die filmhistorischen Verweise, auf die sich Little Joe manchmal deutlich, bisweilen versteckt bezieht, reichen von Frankenstein über The Fly bis zu Invasion of the Body Snatchers. In dieser Hinsicht erfüllt Hausner die tradierten Erwartungshaltungen an das Genrekino nahezu bedingungslos. Das ist auch wesentlicher Grund dafür, warum Little Joe nicht aufgrund einer besonders überraschenden Erzählung, sondern eher dank seiner elaborierten Ästhetik, seiner kühlen Stimmungsbilder und des enervierenden Soundtracks des japanischen Avantgardekomponisten Teiji Ito fasziniert.
Filmbulletin, 23.01.2020
Die österreichische Regisseurin Jessica Hausner ist eine Meisterin darin, ambivalente Signale zu senden. Immer wieder hat sie klassische, meist männlich besetzte Genres wie Horror und Science-Fiction, aber auch den Kostümfilm aufgegriffen, um sie dann aus ihrer ganz eigenen Perspektive neu umzusetzen: «Vor allem interessiert es mich, gängige Regeln zu brechen, die Sehgewohnheiten herauszufordern», sagt Jessica Hausner beim Gespräch in einem der Büros ihres Verleihs. «Mit dieser vielschichtigen Darstellung der Wirklichkeit will ich den Zuschauer aus seiner gewohnten, passiven Konsumentenhaltung rauslocken. Er soll sich immer fragen: Stimmt das jetzt wirklich, was ich da gerade gehört oder gesehen habe? Was ist richtig, was falsch?»
Die Zeit, 09.01.2020
Auszeichnungen (Auswahl)
- 2019
- Cannes Film Festival: Best Actress (Emily Beecham)
- 2019
- Helsinki International Film Festival: Best Feature Film
- 2020
- Österreichischer Filmpreis: Beste Maske, bester Schnitt, bestes Szenenbild
Filmografie (Auswahl)
- 2001
- Lovely Rita
- 2004
- Hotel
- 2005
- Toast
- 2009
- Lourdes
- 2014
- Amour Fou
- 2019
- Little Joe
Imposteur
Nachts in der Stadt versucht ein Hirsch in Menschengestalt die Identität eines Mannes zu stehlen, indem er ihm den Kopf abreisst.