Lola vers la mer

Vorstellung vom
  • Regie: Laurent Micheli
  • BE / FR 2019
  • 90 Minuten
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Lola vers la mer

Lola ist 18, hat pinke Haare und macht gerade ihr Diplom als Veterinär-Assistentin. Als ihre Mutter Catherine stirbt, sorgt ihr Vater Philippe dafür, dass sie die Trauerfeier verpasst. Vor zwei Jahren hat Philippe den Kontakt zu ihr abgebrochen, weil er das Trans-Outing «seines Sohns» nicht akzeptieren konnte. Doch Lola ist entschlossen, ihrer Mutter den letzten Wunsch zu erfüllen: Catherine wollte unbedingt an der belgischen Küste beigesetzt werden – und zwar von Philippe und Lola zusammen. Widerwillig machen sich Vater und Tochter auf die gemeinsame Reise.

Werkangaben

Regie
Laurent Micheli
Drehbuch
Laurent Micheli
Produktion
Annemie Degryse, Sébastien Haguenauer, Benoît Roland
Kamera
Olivier Boonjing
Schnitt
Julie Naas
Musik
Raf Keunen
Besetzung
Mya Bollaers (Lola), Benoît Magimel (Philippe), Els Deceukelier (La patronne), Sami Outalbali (Samir), Jérémie Zagba (Antoine)
Land, Jahr
BE / FR 2019
Dauer
90 Minuten
Verleih
Salzgeber

Zitat

« Mya Bollaers ist wunderbar als Lola.
Sie spielt mit einer Durchsichtigkeit, die die Emotionen ihrer Figur deutlich macht,
ohne dass sie in Worte gefasst werden müssen.»

Barbara Schweizerhof
Sissy, 08.07.2021

Kommentar

Lola und das Meer ist nach Even Lovers Get the Blues (2016) der zweite Film des belgisches Regisseurs und Drehbuchautors Laurent Micheli. Er packt darin ein paar eher klischeehafte Elemente zusammen: das tapfere Transgender-Mädchen, der verständnislose Vater, der sich «beschämt» fühlt, nun keinen Sohn mehr als eine Art Lebensleistung vorweisen zu können, die offenbar grundgütige, wenn auch in ihrem Bekenntnis zu Lola ängstliche Mutter, der gemeinsame Road-Trip, vondem man  weiss, dass er Vater und Tochter auf die eine oder andere Weise zusammenbringen wird. Andererseits aber wird das schematische andlungsskelett mit einer solchen Menge an authentischen und stimmungsreichen Details aufgefüllt, dass das Ganze zu einer einzigartigen und fesselnden Erzählung wird.

Um das zu erreichen, verschafft Micheli seinen Hauptdarsteller*innen den nötigen Raum. Wobei sich «Raum» hier unmittelbar in Zeit übersetzt – in die Länge, mit der die Kamera auf den Gesichtern verweilt, die Aufwallung von Zorn genauso geduldig verfolgend wie die Entstehung eines Lächelns. Dass Vater und Tochter nicht gut miteinander sprechen können, hat auch mit der sozialen Schicht zu tun, aus der sie kommen. […] Mya Bollaers ist wunderbar als Lola. Sie spielt mit einer Durchsichtigkeit, die die Emotionen ihrer Figur deutlich macht, ohne dass sie in Worte gefasst werden müssen. Die junge trans Schauspielerin wurde verdientermassen für ihre Darstellung bei den Magrittes, den belgischen Oscars, als «Vielversprechendstes Nachwuchsdarstellerin» ausgezeichnet und markierte damit in Belgien einen Meilenstein. […]

Was für den Film als Ganzes gilt, trifft auf seine Figur im Besonderen noch viel mehr zu: Er beginnt als Klischee des homo- und transphoben Mannes, der ablehnt, was er nicht kennt, und die Schuld dafür ganz bei der Trans-Tochter sieht, die ihn gewissermassen um seinen Sohn und damit auch um seinen Stolz gebracht hat. Aber Magimel stattet dieses Beispielsstück toxischer Männlichkeit mit einer individuellen Geschichte aus und verleiht ihr so authentische, nachvollziehbare Dimensionen. Im Ungeschick seines Umgangs mit Anderen – und seien es auch nur die flämischsprechenden belgischen Landsleute an der Küste – erkennt man den Mann aus einfachen Verhältnissen, der im Leben dem folgte, was man von ihm erwartet hat, und reflexhaft dasselbe von anderen verlangt. Die Trauer, die er als Witwer empfindet, und die Tatsache, dass er dieses Gefühl bei seiner entfremdeten Tochter wiedererkennt, öffnet ihn nach und nach dafür, Lola als diejenige zu sehen, die sie ist. Einem echten appyend mag seine Sturheit im Wege stehen, aber gleichzeitig scheint genau diese Sturheit auch das zwischen Vater und Tochter Erreichte zu sichern. Auf sehr eindringliche Weise bleibt Lola und das Meer damit als zugleich melancholischer und optimistischer Film in Erinnerung.

Barbara Schweizerhof
Sissy, 08.07.2021


Filmografie

2019
Lola vers la mer
2017
Even Lovers Get the Blues

Auszeichnungen (Auswahl)

2021
Frameline San Francisco International LGBTQ Festival: Audience Award Best Feature
2020
Magritte Awards, Belgium: meilleur espoir féminin, meilleurs décors
2020
Tournai Ramdam Festival: Prix du meilleur Ramdam belge

Heartbeat

Vorprogramm
  • Regie: Michele Flury
  • CH 2022
  • 15 Minuten
zum Hauptfilm

Heartbeat

Die vier langjährigen Freundinnen Vanja, Alex, Liz und Evie machen gemeinsam einen Campingausflug. Nach anfänglicher Befangenheit entpuppt sich der Ausflug als Verarbeitung Vanjas jüngsten Erfahrung und bringt die vier Freundinnen wieder näher zusammen.