Fortuna
- Regie: Germinal Roaux
- CH/BE/ET 2018
- 106 Minuten
Fortuna
Fortuna, eine junge Äthiopierin von 14 Jahren, wird zusammen mit anderen Flüchtlingen von einer katholischen Klostergemeinschaft in den Schweizer Alpen aufgenommen. Dort lernt sie den jungen Afrikaner Kabir kennen, in den sie sich verliebt. Es ist Winter, und während der Schnee auf die Berge fällt, wird das Kloster zu ihrem Refugium und zugleich zum Schauplatz von Ereignissen, die das friedliche Leben der Chorherren erschüttern. Werden diese von ihrer traditionellen Gastfreundlichkeit abrücken? Wird es ihnen gelingen, Fortuna in ihr neues Leben zu geleiten?
LGWerkangaben
- Regie
- Germinal Roaux
- Drehbuch
- Germinal Roaux
- Produktion
- Ruth Waldburger, Jean-Marie Gindraux, Anne-Laure Guégan
- Kamera
- Colin Levêque
- Schnitt
- Sophie Vercruysse
- Besetzung
- Kidist Siyum Beza (Fortuna), Bruno Ganz (Frère Jean), Patrick d’Assumçao (M. Blanchet), Assefa Zerihun Gudeta (Kabir), Yoann Blnac (Frère Luc)
- Land, Jahr
- CH/BE/ET 2018
- Dauer
- 106 Minuten
- Verleih
- Vega Distribution
Begründung / Zitat
In Bildsprache und thematischem Zugang erinnert der Film an Ida von Paweł Pawlikowski und an den grossen Russen Tarkowski. Karg, aber ohne Scheu vor spiritueller Aufladung. Grossartig.
Republik, 01.02.2019
Kommentare
Dass der aus Lausanne stammende Germinal Roaux auch als Fotograf arbeitet, merkt man Fortuna in jeder Einstellung an. Gedreht in Schwarzweiss – wie bisher jeder von Roaux’ Filmen – und im klassischen 4:3-Format, macht der Film optisch die Räume eng: dunkle Wände und schmale Fenster, durch die milchiges Licht bricht; schwarze Flecken auf blendend weissem Schnee; alles wirkt hermetisch abgeschlossen, so wie sich Fortuna ihrer Aussenwelt verschliesst. Nur dem bereits erwachsenen Moslem Kabir bringt sie Gefühle entgegen, womit sich bald auch Fragen nach Recht, Moral und Schuld in die Erzählung einschreiben. Dass Fortuna diese für sich nicht beantworten, sondern sie nur stellen möchte, mag durchaus an der Komplexität dieser Fragen liegen. Es sei eben alles kompliziert, wissen denn auch die Pater bei ihrer Krisensitzung. «Manchmal ist das Schlechte das aufgezwungene Gute», erklärt Pater Jean Fortunas Betreuer, der als Sozialarbeiter nur das Beste für das Mädchen will. Aber das Beste für den Menschen muss eben, wie der Pater zu bedenken gibt, nicht das Gute in christlichem Sinn sein.
Doch wichtiger als religionsphilosophische Diskussionen ist Roaux offensichtlich die an Bergman erinnernde Ästhetik seines Films. Ihre traumatischen Erlebnisse holen Fortuna im Traum ein: Menschen auf einem Boot in der Nacht und riesige schwarze Wellen, die alles zu verschlingen drohen. Diese surreal anmutenden Bilder brechen nicht in die Realität der abweisenden Schweizer Gebirgswelt herein, sondern ergänzen diese: Es sind zwei Welten, die sich hier nicht nur gegenüberstehen, sondern sich auch visuell überlagern. Das Geheimnisvolle, das Unterdrückte, das Unaussprechliche muss in diesem Film deshalb in den Bildern selbst zum Ausdruck kommen. Weshalb es nicht weiter verwundert, dass sich Roaux wiederholt der Verlockung expressiver Bilder hingibt. Als sich Fortuna im Tal mittels Radiologie einer Altersbestimmung unterziehen muss, spiegelt sich etwa ihre auf einer blendend weissen Unterlage liegende Hand in ihrem Auge – bis dieses sich langsam mit Tränen füllt. Doch wer im Kino alles zu sehen bekommt, der weiss deshalb nicht unbedingt mehr.
Filmbulletin, 7/2018
Auszeichnungen (Auswahl)
- 2018
- Berlinale: Gläserner Bär für den besten Film, Grosser Preis der Internationalen Jury (Generation 14plus).
- 2018
- Französische Filmtage Tübingen-Stuttgart: Bester Film.
- 2018
- Golden Apricot Yerevan International Film Festival: Silver Apricot.
Filmografie (Auswahl)
- 2004
- Des tas des choses (Kf/cm)
- 2007
- Icebergs (Kf/cm)
- 2013
- Left Foot Right Foot
- 2018
- Fortuna