Corpus Christi
- Regie: Jan Komasa
- PL/FR, 2019
- 116 Minuten
Corpus Christi
Der 20-jährige Daniel findet in der Jugendstrafanstalt zum Glauben und zur spirituellen Berufung. Das Verbrechen, das er begangen hatte, verunmöglicht ihm jedoch den Zugang zum Priesterseminar. Als er auf Bewährung frühzeitig aus der Haft entlassen wird, um in einer Schreinerei in der Nachbarstadt zu arbeiten, übernimmt er anstatt dessen als Priester verkleidet deren Pfarrgemeinde. Die Ankunft des jungen und charismatischen Seelsorgers stellt die Gewohnheiten der konservativen Gemeinde auf den Kopf.
Werkangaben
- Regie
- Jan Komasa
- Drehbuch
- Mateusz Pacewicz
- Produktion
- Leszek Bodzak, Aneta Cebula-Hickinbotham
- Kamera
- Piotr Sobocinski Jr.
- Schnitt
- Przemyslaw Chruscielewski
- Musik
- Evgueni Galperine, Sacha Galperine
- Besetzung
- Bartosz Bielenia (Daniel), Aleksandra Konieczna (Lidia the sexton), Eliza Rycembel (Marta Sosińska), Leszek Lichota (the Mayor), Łukasz Simlat (Father Tomasz), Tomasz Ziętek (Pinczer), Barbara Kurzaj (the Widow), Zdzisław Wardejn (Father Wojciech)
- Land, Jahr
- PL/FR, 2019
- Dauer
- 116 Minuten
- Verleih
- Xenix Film
Zitat
Indem Jan Komasa althergebrachte Gepflogenheiten und Gesten nicht nur hinterfragt, sondern mit Gegenentwürfen aufbricht, schaut er nach dem wahren Wert von Begriffen wie Demut, Verdammnis, Mitleid und Vergebung.
Süddeutsche Zeitung, 7.9.2020
Kommentare
Der polnische Filmemacher Jan Komasa erzeugt in seinem Film "Corpus Christi" eine Grundstimmung, die man wohl am besten mit Fassungslosigkeit umschreiben kann. Die Chuzpe, mit der Daniel sich den Priesterkragen anlegt, lässt immer wieder ungläubig auflachen. Denn es ist nie ganz eindeutig, ob er dies aus der schieren Verzweiflung heraus tut, weil er sich in ein auswegloses Lügenkonstrukt verstrickt hat, oder ob er in der Rolle des Pfarrers nach Vergebung seiner eigenen Schuld sucht. […]
Daniels Dilemma zwischen seiner dunklen Wahrheit und der wohlwollenden Lüge erzeugt ein moralisches Kippbild, das die Aufrichtigkeit des Glaubens infrage stellt, sowohl im religiösen Sinne als auch in einem humanistischen Grundvertrauen. Was klingt wie ein biederes Drama, kommt wohltuend unangestrengt daher. Das liegt daran, dass die minimalistische Handlung Raum für die Figurenentwicklung lässt. Mit der Schauspielentdeckung Bartosz Bielenia hat Komasa die ideale Besetzung für Daniel gefunden. Seine ausgemergelte Gestalt, seine oft vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen und die nervös zuckende Stirn spiegeln sowohl seine Angst vor dem Auffliegen als auch seine Vergangenheit voller körperlicher Brutalität. Indem er der Gemeinde zu neuer Hoffnung verhilft, findet er den Glauben an sich selbst und auch in eine neue Körperlichkeit, die dieses dürre Männchen letztendlich doch das Priestergewand ausfüllen lässt.
Süddeutsche Zeitung, 7.9.2020
Dass es einem Film gelingen kann, "Journal d’un curé de campagne" des Meisterasketen Robert Bresson mit Elia Kazans "A Face in the Crowd" kurzzuschliessen, der vor sechzig Jahren den trumpschen Populismus vorwegnahm, ist alles andere als selbstverständlich. Und es führt zu einer Reihe von äusserst spannenden moralischen Fragen, die der junge Regisseur Jan Komasa dann aushandeln oder – noch spannender – offenlassen kann. […]
Was zählt mehr: die geordnete Ausbildung in einer Institution, der in Polen zwar immer noch die meisten Menschen angehören, die aber durch Korruptions- und andere Skandale schon lange nicht mehr den seriösesten Ruf geniesst – oder die offenkundige Berufung eines falschen Priesters, der das Beste ist, was dem konservativen Dorf und seinen verzweifelten EinwohnerInnen passieren konnte? Und was ist genau der Sinn einer Institution, die Vergebung predigt, aber selbst nicht vergeben kann, die von Zeichen spricht, aber keine erkennen will, und die sich für moralisch überlegen hält, sich gleichzeitig Politik und Wirtschaft gegenüber korrumpiert?
Indem Komasa all diese Widersprüche erst aufeinanderstapelt, um dann durch die Figur des falschen Priesters am Fundament zu rütteln, gelingt es ihm, die unschönen Seiten des Zusammenlebens in einer noch nicht ganz postreligiösen Gesellschaft in ein hier reichlich entsättigtes Licht zu rücken.
Woz, 3.9.2020
Filmografie
- 2007
- Splyw (the Flow) (doc)
- 2011
- Sala samobójców (Suicide Room)
- 2014
- Miasto 44 (Warsaw 44)
- 2014
- Powstanie Warszawskie (Warsaw Uprising) (doc)
- 2019
- Boże Ciało (Corpus Christi)
- 2020
- Hjeter (the Hater)
Auszeichnungen
- 2019
- Venice Film Festival : Edipo Re Award
- 2019
- Chicago International Film Festival : Silver Hugo ( Best Actor: Bartosz Bielenia)
- 2019
- Vilnius International Film Festival: Best Film
- 2020
- Brasilia Film Festival: Jury Prize (Best Film), Jose Carlos Avellar Critic's Award
- 2020
- Palm Springs International Festival: Young Cineastes Award, FIPRESCI PRIZE (Best Actor)
- 2021
- Dias de Cine Awards : Best Foreign Actor (Bartosz Bielenia), Best Foreign Film