Blue My Mind
- Regie: Lisa Brühlmann
- CH 2017
- 97 Minuten
Blue My Mind
Kurz vor den Sommerferien zieht die 15-jährige Mia mit ihren Eltern in eine neue Stadt. Ihre Eltern sind ihr längst fremd geworden und auf die Frage, ob sie adoptiert sein könnte, reagiert ihre Mutter verletzt, ohne aber zu antworten. Mia stürzt sich ins wilde Teenagerleben um Anschluss zu finden. Doch dann beginnt sich ihr Körper seltsam zu verändern. Erst kaum merklich, dann aber mit einer massiven Wucht. In ihrer Verzweiflung versucht sie sich mit Sex und Drogen zu betäuben, um aufzuhalten, was wie eine Flutwelle über sie hereinbricht. Doch die Natur ist stärker und Mias Verwandlung schreitet unaufhaltsam voran.
LGWerkangaben
- Regie
- Lisa Brühlmann
- Drehbuch
- Lisa Brühlmann, Dominik Locher
- Produktion
- Filippo Bonacci, Dominik Locher
- Kamera
- Gabriel Lobos
- Schnitt
- Noemi Katharina Preiswerk
- Musik
- Thomas Kuratli
- Besetzung
- Luna Wedler (Mia), Zoë Pastelle Holthuizen (Gianna), Regula Grauwiller (Gabriela), Georg Scharegg (Michel), Lou Haltinner (Nelly), Yael Meier (Vivi)
- Land, Jahr
- CH 2017
- Dauer
- 97 Minuten
- Verleih
- Frenetic Films
- Altersempfehlung
- 14
Begründung / Zitat
Es wird oft davon gesprochen, dass der Schweizer Film mutiger und frecher werden solle und Blue My Mind bringt genau diesen frischen Wind in die hiesige Kinolandschaft. Für mich einer der besten Filme des Jahres.
Maximum Cinema, 28.10.2017 (Carte blanche Laurence Gogniat)
Kommentare
Unterstützend wirkt dabei die adaptive Kameraarbeit von Gabriel Lobos, die gezielt mit verschiedenen Farb- und Lichtstimmungen operiert. Zumeist sind es harte oder dann nüchterne Bilder, sehr oft dominieren Blautöne, passend zum Meeresthema. Der grösste Trumpf ist aber eindeutig die Besetzung: Mia wird von Luna Wedler und Gianna, die nach anfänglicher Stutenbissigkeit Mias beste Freundin wird, von Zoë Pastelle Holthuizen gespielt. Die jungen Schweizer Schauspielerinnen waren übrigens schon in Niklaus Hilbers Amateur Teens (2015), ebenfalls ein Coming-of-Age-Drama, zusammen zu sehen. Besonders Wedler hat eine Mammutaufgabe zu lösen, denn ab der ersten Minute klebt die Kamera fast unablässig an ihr, oft mit Grossaufnahmen. Das muss man aushalten können, als Schauspielerin, wie auch als Zuschauer. Doch wie Wedler damit umgeht, ist bemerkenswert. Mias, für die Geschichte so wichtige, Körperlichkeit ist jederzeit zu spüren, vor allem ihre nuancierte Mimik trägt enorm zu Spannung und Glaubhaftigkeit bei. Luna Wedler spielt hier in imponierender Weise ein ganzes Repertoire an leidenden, unsicheren und vor allem fragenden Blicken aus, die uns wiederum auf und in ihre Figur schauen lassen. Mit der Prophezeiung, dass aus ihr mal eine tolle Schauspielerin wird, ist man seit diesem Film schon zu spät. Auch Zoë Holthuizen spielt die oberflächlich resolute und unbekümmerte, doch in Wirklichkeit auch verunsicherte Gianna sehr überzeugend (und beweist damit, dass sie weit mehr ist als ein Schweizer It-Girl).
Die guten Schauspielleistungen, bei denen eigentlich nur die Erwachsenen leicht abfallen – das mag aber auch an ihren etwas hölzern Dialoglinien liegen, die die vergeblichen Versuche elterlicher Autorität nachzeichnen sollen –, sind bestimmt auch auf die gekonnte Führung durch Regisseurin Brühlmann zurückzuführen. Und wie im Abspann zu sehen ist, war auch ein Schauspielcoach auf dem Set anwesend: eine Position, die beim Schweizer Spielfilm noch viel zu selten besetzt wird.
Filmbulletin, 4.11.2017
Die erste Menstruation als blutiger Auftakt für eine horrormässige Verwandlung ist ein bekannter Topos der Filmgeschichte, dem aber eigenständige Facetten abgewonnen werden. Und obwohl das eine oder andere Motiv ausgereizt wird: Das sind starke, selbsterklärende Metaphern und Allegorien für das Unwohlsein im eigenen Körper und in der Welt, das so viele Pubertierende kennen. Das Ganze ist verblüffend natürlich eingebettet in ein Zürcher Umfeld jenseits der Postkartenidylle, vom Friesenberg über die Stadionbrache Hardturm bis zum Glattzentrum, und vor allem in den Alltag heutiger Teenager. Letzterer erscheint letztlich glaubwürdiger als in Niklaus Hilbers Amateur Teens (2015), dessen erklärtes Ziel, als Spiegel einer sexualisierten Jugend zu dienen, eher erzwungen wirkte. Damals debütierte Luna Wedler, ihr Talent war schon unverkennbar. Und nun, mit knapp 18 Jahren, gibt sie die Mia so fabelhaft differenziert, dass daneben manch erwachsenes Mitglied der Besetzung unbeholfen wirkt.
NZZ, 8.11.2017
Auszeichnungen (Auswahl)
- 2017
- Zurich Film Festival: Critic's Choice Award, Best Film in Focus Switzerland, Germany, Austria
- 2018
- Schweizer Filmpreis: Bester Film, beste Darstellerin (Luna Wedler), Bestes Drehbuch
- 2018
- Queen Palm International Film Festival: Gold Award Best Writer
Filmografie (Auswahl)
- 2010
- Frühlingserwachen (Kf/cm)
- 2011
- Flügge (Kf/cm)
- 2013
- Hylas und die Nymphen (Kf/cm)
- 2017
- Blue My Mind
- 2019
- Killing Eve (Serie, 2 Episoden)
Kuap
Eine Kaulquappe verpasst die Entwicklung zum Frosch und bleibt alleine zurück, doch im Weiher gibt es viel zu erleben und der nächste Frühling kommt bestimmt. Eine kleine Geschichte über das Grosswerden.