Zu Beginn des 19. Jahrhunderts reiste der Maler Jean-Jacques Audubon den Ufern des Mississippi entlang, um die Vögel des Neuen Kontinents zu malen. Seit der Entdeckung der weiten Landschaften der Vereinigten Staaten und ihrer unglaublichen Tierwelt hat der amerikanische Traum Schaden genommen. Audubons Werk bildet heute ein Archiv des Himmels vor dem Industriezeitalter. Der Dokumentarfilm geht den Spuren dieser heute ausgestorbenen Vögel nach und enthüllt eine andere Geschichte des nationalen Mythos. Birds of America ist ein «Flussfilm» in dem politische, ökologische und menschenrechtliche Fragen mit den Geschichten, Mythen und Geistern der Vögel verwoben werden.
Werkangaben
- Regie
- Jacques Lœuille
- Drehbuch
- Jacques Lœuille
- Produktion
- Ariane Métais
- Kamera
- Jacques Lœuille
- Schnitt
- Jacques Lœuille, Isabelle Manquillet
- Musik
- Nigji Sanges
- Besetzung
- Jean-François Sivadier (voix off)
- Land, Jahr
- FR 2021
- Dauer
- 84 Minuten
- Verleih
- Cineworx
- Altersempfehlung
- 0
Zitat
Eine zauberhaft schöne und stimmungsvolle Reise durch den amerikanischen Süden, in dem die Natur und die Vogelwelt kaum wiederzuerkennen sind, seit der Ornithologe Audubon dort vor 200 Jahren sein grossartiges Werk illustrierte, das zum Schönsten gehört, was man sich vorstellen kann.
Johan Blomqvist
Göteborg Film Festival, 11.01.2022 [übers.ds]
Kommentare
Jacques Lœuilles Langfilmdebüt Birds of America ist für den Dokumentarfilm das, was Kelly Reichardts Meisterwerk First Cow für den Spielfilm ist. Beide Filme werfen ein Licht auf die Entstehung des problematischen Verhältnisses der USA zur Natur. Kelly Reichardt stellt sich in ihrem Film zwei Vagabunden vor, die um 1820 die Milchkuh eines reichen Landbesitzers zur Herstellung von Backwaren verwenden – eine Widerstandsgeste gegen den noch in den Kinderschuhen steckenden Kapitalismus, der Tiere in Kapitalquellen verwandelt. Jacques Lœuilles Dokumentarfilm ist einem französischen Maler gewidmet, der zur selben Zeit durch Louisiana reiste, um die Vogelwelt zu inventarisieren, gerade als viele Arten durch die Ausbreitung der Kolonialisierung auszusterben begannen. Seither hat sich die Lage nicht wesentlich gebessert. Birds of America erinnert uns daran, dass es zu Beginn des Debakels ein Paar Augen gab, das die dezimierte Natur beweinte: diejenigen eines Zeichners, der die Vögel liebte. Sein Name war Jean-Jacques Audubon, er war arm, aber sein Blick war reich. Heute tun wir gut daran, uns an ihn zu erinnern.
Emilien Gür
Cinefile [übers. ds]
Kommentare
Der aus Nantes stammende Jean-Jacques Audubon verliess zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Ufer der Loire, um die Ufer des Mississippi zu erkunden. Als Maler, Naturforscher und Ornithologe reiste er mit seinem Zeichenbrett und seinem Farbkasten durch Louisiana und schuf absolut prächtige Bildtafeln, eine Art «Bibel» der Fauna und Flora für die nachfolgenden Generationen. Dieses wunderbare Werk macht ihn zu einem Pionier der Ökologie, da John James Audubon (er amerikanisierte seine Vornamen) die Vögel Amerikas zu einer Zeit malte, als dessen Wildnis noch ein Paradies war.
Seine herrlichen Stiche sind ein wahrer Schatz, eine wissenschaftliche Referenz, die das Bild von Vögeln bewahrt, die selten geworden oder sogar ausgestorben sind. Jacques Lœuille nimmt uns mit auf eine Reise in den Fussstapfen von Audubon, der eine Welt vor ihrem Verschwinden abbildete, mit Tieren, die aus der Landschaft verschwunden sind. Auch die Landschaft selbst ist verschwunden, wie dieser Film mit Ansichten aus der Vergangenheit und der Gegenwart zeigt. An den Ufern des Mississippi wurden die Wälder von Fabriken, Industriegebäuden und Ölanlagen verdrängt... Das Flussdelta ist heute eines der am stärksten verschmutzten Gebiete des Planeten, das «Valley of Cancer», und die von Audubon festgehaltenen «Birds of America» sind nur noch Museumsstücke, Abbilder einer Vergangenheit und einer Natur, die für immer verschwunden sind.
Patrick Tardi
French Daily News, 25.05.2022 [übers. ds]
Filmografie
- 2009
- Balade américaine en Flandres
- 2014
- Marguerite Yourcenar, alchimie du paysage
- 2017
- La Peseuse d'or (Kf/cm)
- 2017
- Kupka
- 2017
- Rubens, peindre l'Europe
- 2018
- Menaces en mers du Nord
- 2019
- Modigliani et ses secrets
- 2021
- Birds of America