Bacurau

Vorstellung vom
  • Regie: Juliano Dornelles, Kleber Mendonça Filho
  • BR/FR 2019
  • 130 Minuten
Sonia Braga as Domingas Victor Jucaue Schliessen

Bacurau

Das Dorf Bacurau liegt in einer staubigen Gegend im Nordosten Brasiliens, eingesäumt von felsigen Hügeln, und zieht nur noch wenige Besucher an. Der Lehrer des Dorfes hat festgestellt, dass Bacurau auf keiner Landkarte mehr zu finden ist. Die Dorfbewohner haben sich versammelt, um ihrer Matriarchin Carmelita, der 94-jährigen Dorfältesten, die letzte Ehre zu erweisen. Ihre Enkeltochter Teresa hat es gerade noch rechtzeitig zur Beerdigung geschafft. Als einer der Tanklaster, die Bacurau mit Wasser beliefern, eines Tages beschossen wird, kündigt sich das Unheil an.

Dieser Film enthält Szenen, die sensible ZuschauerInnen schockieren könnten.

DS

Werkangaben

Regie
Juliano Dornelles, Kleber Mendonça Filho
Drehbuch
Kleber Mendonça Filho, Juliano Dornelles
Produktion
Emilie Lesclaux, Saïd Ben Saïd, Michel Merkt
Kamera
Pedro Sotero
Schnitt
Eduardo Serrano
Musik
Mateus Alves, Tomaz Alves Souza
Besetzung
Sônia Braga (Domingas), Udo Kier (Michael), Bárbara Colen (Teresa), Silvero Pereira (Lunga), Thardelly Lima (Tony Jr.)
Land, Jahr
BR/FR 2019
Dauer
130 Minuten
Verleih
SBS Distribution, France

Begründung / Zitat

In Bacurau tummeln sich Allegorien und Genrespass, vor allem aber trifft Humanismus auf ganz viel Glaube ans Kino.

Frédéric Jaeger
critic.de, 16.05.2019

Kommentare

Bacurau vermag es durch seine langsame, präzise Beobachtung der Menschen und Geschehnisse vor allem emotional eine dystopische Gefahrenlage aufzubauen, die einen lange Zeit wundern lässt, aber stets am Ball hält. Die klitzekleine Utopie, das kleine Dorf im Nichts, scheint nur einen hauchdünnen Schritt von der Katastrophe entfernt zu sein. Im Zusammenspiel mit der detaillierten Beobachtung der Dorfbewohner, die einem allesamt sofort ans Herz wachsen, macht sich schnell existenzielle Angst breit. Zu Recht. Wie schnell und spitz Mendonça Filho und Dornelles doch den Finger in die Wunde stecken. Wie schnell und effizient sie klar machen, dass in der derzeitigen Welt, nicht nur unter Bolsonaro in Brasilien, der letzte Rest von Menschlichkeit und Wärme getötet wird.
Auch wenn Bacurau, vor allem in den Momenten, in denen die Erzählung bei den Weissen um Kier verweilt, qualitativ schon fast ein wenig trashig wird, so ist der Rest des Filmes, egal ob in Ausstattung, Kinematografie oder Struktur, ein cineastischer Hochgenuss, der einem lange im Herzen und bitter auf der Zunge zurückbleibt. Deshalb sollte man sich nicht der schönen Bilder und der leicht surrealistisch-entrückten Aura hingeben, sondern wirklich zuhören, was Bacurau eigentlich sagen will. Denn eines Tages wird dieses Werk zu denen gezählt werden, die eine gespenstische Vorahnung hatten, die nicht nur für Brasilien gilt.

Beatrice Behn
Kino-Zeit.de, Mai 2019

Noch bevor Kleber Mendonça Filho und Juliano Dornelles in ihrem ersten gemeinsamen inszenierten Film Bacurau die Spuren der Fantastik und der Science-Fiction weiter verfolgen, setzen sie auf die Gemeinschaft. Nähern sich ihr über eine lange Reise mit dem Wassertanker, lassen Teresa einen roten Koffer mit Medizin über den steinigen Boden hinschleppen, zeigen kurz die Blockade des Wassers aus der Ferne und markieren das Setting als eine Art von Western-Frontier. Dessen Herz ist eine Utopie der menschlichen Verständigung. Ärztin, Lehrer, Hure, Mörder, Schwule, Heteros, Transsexuelle leben in Bacurau zusammen, nicht konfliktfrei, aber harmonisch, als Gemeinschaft, in der alle füreinander da sind. […]
Herausragend an diesem reichlich unebenen Film ist seine Art, die Körperlichkeit der Figuren herauszuschälen. Kein Auftritt ohne Akzent auf die Bewegungen und darauf, was die Schwerkraft mit der Physis macht. Nichts wird gesagt, sowieso nichts gefühlt, was sich nicht in Haltung und Gang ausdrücken würde. Das gilt für die Stars nicht weniger als für die vielen unbekannten Darsteller, die sich einer nach dem anderen in die Erinnerung einschreiben, weil Bacurau daran glaubt, dass jede Figur, jeder Mensch einen Unterschied macht. Die Erfahrung von Menschlichkeit, die der Film mit den Mitteln des Kinos ermöglicht, ist ganz eigen, sie geht nicht auf in der Erzählung, sie dient ihr nicht mal immer, aber sie bleibt.

Frédéric Jaeger
critic.de, 16.05.2019

Auszeichnungen (Auswahl)

2019
Cannes Film Festival: Prix du Jury
2019
Lima Latin American Film Festival: Best Director, Best Film, Critics Award
2020
Prêmio Guarani: Best Picture, Best Director, Best Supporting Actor (Silvero Pereira), Best Ensemble Cast, Best Editing, Best Original Screenplay, Best Sound, Best Music

Filmografie Kleber Mendonça Filho (Auswahl)

2012
Neighbouring Sounds (O Som ao Redor)
2016
Aquarius
2019
Bacurau