Azor
- Regie: Andreas Fontana
- CH / FR / AR 2021
- 100 Minuten
Azor
Der Schweizer Privatbankier Yvan De Wiel reist zu Zeiten der Militärdiktatur mit seiner Frau nach Buenos Aires, um seinen spurlos verschwundenen Partner zu suchen, der für den Kontakt mit der reichen argentinischen Kundschaft der Bank zuständig war. Zuerst zögernd, doch dann immer entschlossener dringt er in das innere Geflecht von Macht und Dekadenz vor.
Werkangaben
- Regie
- Andreas Fontana
- Drehbuch
- Andreas Fontana
- Produktion
- Eugenia Mumenthaler, David Epiney
- Kamera
- Gabriel Sandru
- Schnitt
- Nicolas Desmaison
- Musik
- Paul Courlet
- Besetzung
- Fabrizio Rongione (Ivan de Wiel), Stéphanie Cléau (Inès de Wiel), Gilles Privat (Decôme), Alexandre Trocki Frydmer)
- Land, Jahr
- CH / FR / AR 2021
- Dauer
- 100 Minuten
- Verleih
- Xenix Film
Zitat
« Fontana [ist] mit Azor eine der treffendsten rein filmischen
Darstellungen von etwas gelungen, das sich eigentlich nicht zeigen lässt:
die psychologischen und soziologischen Ursprünge des Schweizer Reichtums. »
WOZ, 07.10.2021
Kommentare
Ein Schweizer Film mit einem Schweizer Bankier als Hauptfigur hat das Potenzial, auf viele Arten zu misslingen. Die Sache, stellt man sich vor, könnte schnell didaktisch geraten, zum kapitalismuskritischen Moralstück. Provinzielles vom Paradeplatz wäre zu befürchten, bemüht Zeitgeistiges oder ein Wolf of Wall Street lammfrommer Art. Aber Andreas Fontana, aus Genf, hat ganz anderes im Sinn mit seinem Debüt Azor. Er erzählt ausnehmend kühl, geduldig und geradezu radikal unzeitgemäss eine Geschichte aus der internationalen Finanzwelt; fast wähnt man sich in einem frühen Neo-Noir aus den 1980er Jahren. Einen so stilsicheren Erstling hat man von einem Schweizer jedenfalls lange nicht gesehen. […]
Eine unterschwellige Spannung zieht sich durch diesen präzise gestalteten Film. Fontana gelingt das Kunststück eines Whodunit ohne ersichtliche Tat, einer Mördersuche ohne Leiche, ohne auch nur einen Spritzer Blut. Aber an Schuldigen mangelt es nicht in diesem Sittenbild der Macht, das unweigerlich in ein Conradsches «Herz der Finsternis» führt. Auch Roberto Bolaño, liest man, sei Fontana eine Inspiration gewesen. Über den chilenischen Schriftsteller hiess es in dieser Zeitung einmal, dass er einen Stil pflege, «der Imagination mit Sachlichkeit, Kälte mit Empathie, Realismus mit Parodie, Reflexion mit Narration» verbinde. Von Andreas Fontanas formvollendetem Debüt liesse sich das genauso sagen.
NZZ, 15.10.2021
Wenn der abwesende Keys so etwas wie das freudsche Es der Schweizer Privatbankenwelt repräsentiert, ist de Wiel sein Über-Ich. Er verkörpert seine Ideale, ohne auszuscheren, ohne den eigenen Charakter gross geltend zu machen, ohne Angst, ohne Gier (Letztere ist bloss eine Funktion des Systems). Wenn ihn ein freundlicher Rezeptionist über die notwendigen «Modernisierungsarbeiten» aufklärt, nickt er freundlich. Und wenn der diabolische Priester (Pablo Torre Nilson), der gerade sein gottgegebenes Vermögen in Roche-Aktien investiert, davon spricht, dass die «Parasiten ausgerottet» werden müssten und ob Señor de Wiel dies auch so sehe, kann dieser sich immer noch zu einem höflichen «Sí» durchringen.
Fontana ist eher ein «kalter» Regisseur. Mehr als einmal fühlt man sich an Stanley Kubrick erinnert sowie an Lucrecia Martel, auch wenn die Inszenierung nicht immer an deren perfekte Eleganz heranreicht. Dazu kommt, dass in Azor alles immer bereits passiert ist oder dass, wenn tatsächlich etwas geschieht, es für Aussenstehende kaum sichtbar ist. Die Bankiers und ihre paranoiden Kund:innen sprechen in Codes, Wichtiges wird geflüstert oder passiert über unmerkliche Signale. Gewalt tritt nur in Zahlen auf, und die Tasche mit dem Vermögen des pferdeliebenden Grossgrundbesitzers, dessen subversive Tochter «verschwunden» ist, geht unzeremoniell und unmerklich durch mehrere Hände, um auf dem Heimflug eines Schweizer Beamten den Weg in sichere Gefilde zu finden. […]
Mag Azor an einem konkreten Ort zu einer konkreten Zeit spielen, und mögen die Gesetze seither strenger geworden sein: Wie einer von de Wiels Kunden einmal Jorge Luis Borges zitiert, sei doch das Beste an Genf, dieser schweizerischsten Stadt überhaupt, dass es sich nie verändere.
WOZ, 07.10.2021
Filmografie
- 2021
- Azor
- 2015
- Pedro M, 1981 (Kf/cm)
Auszeichnungen (Auswahl)
- 2022
- Schweizer Filmpreis/ Prix du cinéma suisse: 4 Nominations
- 2021
- Zurich Film Festival: Emerging Swiss Talent Award
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