Atlantique

Vorstellung vom
  • Regie: Mati Diop
  • SN/FR/BE 2019
  • 105 Minuten
Atlantique 04 Schliessen

Atlantique

In einem Vorort von Dakar beschliessen betrogene Arbeiter einer Baustelle, das Land übers Meer zu verlassen und in eine bessere Zukunft zu reisen. Unter ihnen ist Suleiman, der Geliebte von Ada, die einem anderen versprochen wurde. Wenige Tage nach deren Abreise verwüstet ein Feuer die Hochzeitsfeier der jungen Frau, und ein mysteriöses Fieber befällt die Mädchen in der Nachbarschaft. Ada hat keine Ahnung, dass Suleiman zurückgekehrt ist.

DS

Werkangaben

Regie
Mati Diop
Drehbuch
Mati Diop, Olivier Demangel
Produktion
Judith Lou Lévy, Eve Robin
Kamera
Claire Mathon
Schnitt
Aël Dallier Vega
Musik
Fatima Al Qadiri
Besetzung
Mame Bienta Sane (Ada), Amadou Mbow (Issa), Ibrahima Traoré (Souleiman)
Land, Jahr
SN/FR/BE 2019
Dauer
105 Minuten
Verleih
Trigon

Begründung / Zitat

«Grosse Kinokunst, atmosphärisch stimmig und stark: Mati Diop entwickelt eine traumhaft hypnotische Poesie und verliert dabei nie das politische Anliegen aus den Augen.»

Alfred Schlienger
Republik, 13.11.2019

Kommentare

Die Emigration wird hier vom südlichen Standpunkt aus betrachtet. Ihr hatte Mati Diop bereits ihre früheren Arbeiten gewidmet. So kreist ihr Kurzfilm Atlantiques (im Plural) um junge Männer, die ihre gescheiterte Überfahrt nach Europa schildern. Der mittellange Mille soleils folgte den Spuren der Schauspieler des Films Touki Bouki, des 1972 entstandenen Meisterwerks des senegalesischen Regisseurs (und Diops Onkel) Djibril Diop Mambéty.

Ansprechend ist hier, wie souverän die lose Regieführung mit den jeweiligen Ton- und Stilwechseln jongliert. Während die Anleihen bei der Zombie-Ästhetik diskret an die historische Deportation der Bevölkerung Westafrikas in die Karibik erinnern, vermögen die Aussenaufnahmen die beeindruckende Kulisse einer zeitgenössischen Grossstadt aufzubauen: Eselskarren, Wagen, Laster und Busse stauen sich in den weiss flimmernden Strassenzügen. Der Privatklub mit Pool grenzt an das verstaubte Armenviertel und zeichnet das Bild eines wirtschaftlichen Raubbaus, der mit ähnlicher Prägnanz heute vermutlich nur in den Produktionen von Jia Zhangke zu sehen ist.

Aus diesem Mosaik von Zeichen und Szenen gelingt es der Regisseurin immer wieder, einzelne Bilder zu isolieren und die emotionalen Stürze ihrer Protagonistin mit frappanter Präzision auf den Punkt zu bringen: etwa Adas spärliche, durch die Wagen eines fahrenden Güterzugs gedrehte Blickkontakte mit Suleiman.

Patrick Straumann
NZZ, 30.10.2019

Da Atlantique den Rhythmus vom Meer her hat, ist er langsam, aber auch kraftvoll, bestimmt. Die Bilder sind von Claire Mathon, die auch jene von Portrait de la jeune fille en feu gemacht hat. Beide Filme drehen sich um Landschaften, Körper, Gesichter, abwesende Männer. Wobei Letztere hier tatsächlich vermisst werden. Auch das Politische steht hier nicht im Vordergrund, sondern befindet sich knapp unter der Oberfläche, wie ein Fels, der Schiffe zu versenken droht. Die Umstände, die Souleiman dazu verführen, aufs Meer zu gehen, und Ada dazu zwingen, einen Mann zu heiraten, den sie nicht will, lassen sich durch einen Film nicht ändern. Es ist ja bereits eine kleine Sensation, dass Atlantique der erste Film einer schwarzen Frau ist, der im Wettbewerb von Cannes aufgeführt wurde. Da soll man nicht noch mehr politisch Unmögliches verlangen. Etwa dass Männer wie Souleiman ihre Zukunft nicht nur noch in Europa sehen können, obwohl sie dafür Frauen wie Ada verlassen müssen. Dass ihre Reise nach Europa nicht nur mit kleinen Pirogen möglich sein sollte, die den Wellen nicht standhalten. Dass es nicht von Filmen wie diesem abhängen sollte, dass die Menschen auf der gegenüberliegenden Seite des Meeres Empathie für die anderen zu entwickeln beginnen.

Dominic Schmid
Filmexplorer.ch, 01.11.2019

Auszeichnungen (Auswahl)

2019
Cannes Film Festival: Grand Prix du Jury
2019
BFI London Film Festival: Prize for Best debut feature
2019
New York Film Critics Circle Awards: Best First Film
2019
Festival du cinéma africain de Louxor: Grand Prix

Filmografie (Auswahl)

2009
Atlantiques (doc Kf/cm)
2011
Snow Canon (Kf/cm)
2012
Big in Vietnam (Kf/cm)
2013
Mille Soleils (doc Kf/cm)
2019
Atlantique

Newspaper News

Vorprogramm
  • Regie: Sophie Laskar-Haller
  • CH 2019
  • 6 Minuten
zum Hauptfilm

Newspaper News

Eine Frau liest die Zeitung mit solcher Intensität, dass sie buchstäblich von ihr verschlungen wird. Auf die Seiten gemalt, wird sie Zeugin einiger der tragischen Ereignisse unserer Zeit. Doch in ihrer Verzweiflung verwandelt sie diese Dunkelheit in Bewegung und Kunst und sät so die Samen der Hoffnung.