143, rue du désert
- Regie: Hassen Ferhani
- DZ / FR / QA 2019
- 100 Minuten
143, rue du désert
Mitten in der algerischen Wüste, an der Trans-Sahara-Strasse, betreibt Malika das einzige Teehaus weit und breit. Hier halten Trucker und Reisende für ein Omelett, einen Tee oder eine Zigarette an, um einen Moment ihres Lebens zu teilen. Malika, die einzige Frau mitten in der Männerwelt, so liebenswert wie grosszügig, lädt uns an ihren Tisch ein und zu dem, was man ein passives Roadmovie nennen könnte. Durch die Poesie der Bilder, die Kraft der Begegnungen, erzählt Hassen Ferhani von der Seele einer Region.
Werkangaben
- Regie
- Hassen Ferhani
- Drehbuch
- Hassen Ferhani
- Produktion
- Narimane Mari, Olivier Boischot, Michel Haas
- Kamera
- Hassen Ferhani
- Schnitt
- Stéphanie Sicard, Nadia Ben Rachid, Nina Khada, Hassen Ferhani
- Musik
- Matthieu Chedid
- Land, Jahr
- DZ / FR / QA 2019
- Dauer
- 100 Minuten
- Verleih
- Trigon
Zitat
« Es passiert nicht viel in diesem Film.
Und doch enthält er auf eine Weise die ganze Welt,
von einem unbeweglichen, stoischen Zentrum namens Malika aus betrachtet,
um die sich diese zu drehen scheint. »
Filmexplorer.ch, 03.09.2019
Kommentar
Immer wieder gibt es Einstellungen, die Malikas Blick nach aussen entsprechen, der dabei stets von einem der kleinen Fenster oder der Tür gerahmt wird. Das erinnert nicht nur durch das Wüsten-Setting an The Searchers (1956), wobei sich Ferhani im Gegensatz zu John Ford mehr für den Rahmen als für die Aussenwelt interessiert, die dieser umfasst. Ein invertiertes Roadmovie wollte er drehen, sagt der Regisseur im Interview, mit dem Fokus nicht auf die Bewegung der Strasse, sondern auf den Stillstand. Das Haus von Malika wird in diesem Film zum Zentrum der Welt, alles andere findet an der Peripherie statt. Von den Abenteuern der Strasse wird bloss erzählt, doch wir erfahren durch die verschiedenen Perspektiven der flüchtigen Gäste vielleicht mehr – mit Sicherheit aber auf andere Weise – über das Land und über die Welt, als dies in einem Film möglich wäre, der all diese Orte tatsächlich zeigt. […]
Einmal, es ist die einzige bewegte Einstellung im Film, beginnt die Kamera um das Haus herum zu kreisen, wacklig, aus der Hand gefilmt. Es ist auch die einzige Einstellung, die eine andere Perspektive als jene Malikas einzunehmen scheint. Man sieht plötzlich die Rückseite des Hauses – mehr, als einem der Film bisher gezeigt hat. Doch dieser erträgt so viel Bewegung nicht lang, droht beinahe zu kippen. Vielleicht verbringt ausser Malika deshalb niemand allzu viel Zeit in dem Café, weil die Gefahr besteht, dass diese kleine Achse des Wirklichen, zu dem alle immer wieder zurückkehren wollen, aus dem Lot geraten könnte – und damit die ganze Welt. Das ist auch die wahre Bedrohung durch die neue Tankstelle: Kein System erträgt zwei Angelpunkte, ohne das Gleichgewicht zu verlieren. Die zentrale Achse von 143, rue du désert ist nicht die Strasse, sondern Malika selbst, jene «Pförtnerin der Leere», wie sie der auftretende Schriftsteller Chawki Amari einmal nennt, mit dessen Hilfe Ferhani ursprünglich zu Malika gefunden hatte.
Filmexplorer.ch, 03.09.2019
Filmografie (Auswahl)
- 2019
- 143, rue du désert (doc)
- 2015
- Dans ma tête un rond-point (doc)
- 2013
- Tarzan, Don Quichotte et nous (Kf/cm)
- 2010
- Afric Hotel (doc)
- 2006
- Les Baies d’Alger (Kf/cm)
Auszeichnungen (Auswahl)
- 2019
- El Gouna Film Festival Egypt: Silver Star for the Best Feature Documentary
- 2019
- Locarno Film Festival: Best Emerging Director (Cineasti del presente)
- 2019
- Torino Film Festival: Best International Documentary Film